Fördert Eisenfreisetzung aus Sedimenten Sauerstoffarmut im tropischen Ozean?

Kieler Meeresforscher entschlüsseln weitere Prozesse in Sauerstoffminimumzonen

18.05.2014/Kiel. Eisen ist im Ozean ein wichtiger Dünger für pflanzliches Plankton. In Sauerstoffminimumzonen steht besonders viel Eisen zur Verfügung, da die Löslichkeit von Eisen unter sauerstoffarmen Bedingungen besonders groß ist. Wissenschaftler des Kieler Sonderforschungsbereichs 754 „Klima – Biogeochemische Wechselwirkungen im tropischen Ozean“ haben untersucht, ob mit der prognostizierten Ausdehnung der Sauerstoffminimumzonen auch immer mehr Eisen-Dünger zur Verfügung steht. Die Studie erscheint jetzt in der internationalen Fachzeitschrift „Nature Geoscience“.

Eigentlich ist der für Sauerstoffminimumzonen häufig verwendete  Begriff „Todeszonen“ irreführend. Denn diese Zonen, die es in unterschiedlicher Ausprägung in allen tropischen Ozeanen gibt, entstehen dadurch, dass dort besonders viele Nährstoffe vorhanden sind. Pflanzliches Plankton gedeiht dort prächtig. Erst wenn Bakterien die so entstehende Biomasse wieder abbauen, verbrauchen sie so viel Sauerstoff, dass für größere Tiere, wie Fische, kaum etwas übrig bleibt.

Zu den wichtigsten Nährstoffen für das Plankton gehört Eisen. Es stammt unter anderem aus Sedimenten, die infolge von Erosion von den Kontinenten ins Meer geschwemmt werden. „Wie viel Eisen letztendlich für die Planktonorganismen zur Verfügung steht, hängt aber auch vom Sauerstoffgehalt des Meerwassers ab. Denn Sauerstoff verbindet sich mit Eisen zu Eisenoxidmineralen, ähnlich wie Rost, die das Plankton nicht nutzen kann“, erklärt Dr. Florian Scholz vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel. Je weniger Sauerstoff, desto mehr Eisen müsste demnach als Nährstoff im Meerwasser verfügbar sein. Zusammen mit Kollegen aus dem Kieler Sonderforschungsbereich 754 „Klima – Biogeochemische Wechselwirkungen im tropischen Ozean“, sowie Kollegen aus den USA, hat der Geochemiker in der Sauerstoffminimumzone vor Peru untersucht, ob dieser Zusammenhang tatsächlich so einfach ist. Die Studie erscheint in der aktuellen Ausgabe der internationalen Fachzeitschrift „Nature Geoscience“.

Für die Arbeit untersuchten die Forscher Sedimentproben aus den Gewässern vor Peru, die mit Hilfe des deutschen Forschungsschiffs METEOR während einer Expedition des SFB 754 geborgen wurden. Sie nutzten dabei eine neuartige Kombination von Paläo-Umweltindikatoren. „Aus dem Konzentrationsverhältnis der Spurenelemente Molybdän und Uran und der jeweiligen Eisenkonzentration im Sediment können wir Rückschlüsse ziehen, wie viel Eisen zu einer bestimmten Zeit aus dem Sediment freigesetzt wurde“, erklärt Dr. Scholz. Auf diese Weise gelang eine Rekonstruktion des Eisenbudgets für die vergangenen 140.000 Jahre.

Bei den Untersuchungen stellte sich heraus, dass gerade in Phasen mit extrem niedriger Sauerstoffkonzentration auch besonders wenig Eisen aus dem Sediment freigesetzt wurde. Denn gerade in diesen Phasen waren in den obersten Schichten des Sediments besonders viele Schwefelverbindungen vorhanden, mit denen sich das Eisen zu Eisensulfidmineralen verbinden konnte, bevor es überhaupt ins Wasser gelangte. „Damit war es für die Mikroorganismen im Wasser auch nicht verfügbar“, erklärt Dr. Scholz.

Dieses Ergebnis ist von besonderer Bedeutung, da Beobachtungen und Modellierungen zeigen, dass sich die Sauerstoffminimumzonen in den tropischen Ozeanen als Folge des Klimawandels ausdehnen und ihre Intensität zunimmt. „Unsere Untersuchungen zeigen, dass eine weitere Ausdehnung der Sauerstoffminimumzone vor Peru nicht automatisch zu einer größeren Verfügbarkeit von Eisen und damit zu einem sich selbst verstärkenden Kreislauf führen muss“, erklärt Dr. Florian Scholz, der im Rahmen des EU-Projekts BICYCLE aktuell an der Oregon State University, Corvallis (Oregon, USA) arbeitet. Dort erforscht er weitere Details des Eisenkreislaufs in den Sauerstoffminimumzonen. „Denn nur wenn wir alle biologischen, chemischen und physikalischen Wechselwirkungen in diesen  hochkomplexen Systemen verstehen, können unsere Kollegen zuverlässig modellieren, wie sie sich im Verlauf des Klimawandels weiter entwickeln werden“, betont der Geochemiker.

 

Hintergrundinformationen: Der SFB 754
Der Sonderforschungsbereich 754 (SFB 754) „Klima und Biogeochemische Wechselwirkungen im tropischen Ozean“ wurde im Januar 2008 als Kooperation der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU), dem GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel und dem Max-Planck-Institut Bremen eingerichtet. Der SFB 754 erforscht die Änderungen des ozeanischen Sauerstoffgehalts, deren mögliche Auswirkung auf die Sauerstoffminimumzonen und die Folgen auf das globale Wechselspiel von Klima und Biogeochemie des tropischen Ozeans. Der SFB 754 wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert und befindet sich in seiner zweiten Phase (2012-2015).

 

Originalarbeit:
Scholz, F., J. McManus, A. C. Mix, C. Hensen, R. R. Schneider (2014): The impact of ocean deoxygenation on iron release from continental margin sediments. Nature Geoscience,  Advance Online Publication, http://dx.doi.org/10.1038/ngeo2162

 

Bildmaterial in höherer Auflösung:

Einsatz eines Kolbenlots auf dem Forschungsschiff METEOR. Mit einem derartigen Lot wurden vor der Küste Perus die Sedimentkerne gewonnen, die als Grundlage der jetzt veröffentlichten Studie dienten. Foto: Dirk Nürnberg, GEOMAR
Kolbenlote (hier links) sind etwas komplizierter im Einsatz als normale Schwerelote (rechts an Deck), dafür bleibt die Schichtung des Sediments meistens besser erhalten. Foto: Dirk Nürnberg, GEOMAR
Karte der Sauerstoffminimumzonen in den tropischen Ozeanen (blau bis lila). Die aktuelle Studie beruht auf Proben aus der SMZ vor Peru. Grafik: SFB 754.

 

Ansprechpartner:
Jan Steffen (GEOMAR, Kommunikation & Medien), Tel.: 0431 600-2811, jsteffen(at)geomar.de