Künstlicher Meeresauftrieb

Das pflanzliche Plankton im Meer erbringt etwa die Hälfte der weltweiten Photosynthese-Leistung und nimmt damit insgesamt große Mengen CO2 aus der Atmosphäre auf. Die so produzierte Algenbiomasse bildet die Grundlage für das marine Nahrungsnetz. Ein Teil der organischen Materie sinkt in die Tiefe und wird währenddessen bakteriell zersetzt. Dabei wird das an der Oberfläche gebundene CO2 wieder freigesetzt. Ist das absinkende Material angereichert an Kohlenstoff relativ zu dem im Meerwasser gelösten Grundbausteinen CO2 und anorganische Nährstoffe, wird hierdurch zusätzliches CO2 in den tiefen Ozean transportiert und dort gespeichert. An manchen Küsten, wie etwa vor Namibia oder Peru, gelangt nährstoffreiches Tiefenwasser durch natürliche Meeresströmungen an die Meeresoberfläche. In diesen sogenannten Auftriebsgebieten gibt es daher besonders viel Plankton und Fische.

 

In weiten Teilen des Ozeans ist das Phytoplankton allerdings durch die Verfügbarkeit von Nährstoffen wie Stickstoff, Phosphor und Eisen eingeschränkt. Wenn man den Aufwärtstransport von nährstoffreichem Tiefenwasser durch künstlichen Auftrieb mit Hilfe von Rohren oder Wellenpumpen verstärkt, hat dies eine düngende Wirkung und kann die Gewässer der Ozeanwüsten produktiver machen. Durch das stimulierte Wachstum des Phytoplanktons kann mehr CO2 in dessen Biomasse gebunden werden, was die Kohlenstoffaufnahme des oberen Ozeans erhöht. Wenn das Phytoplankton stirbt und seine Biomasse in die Tiefsee sinkt, kann der gebundene Kohlenstoff in der Tiefe für 100 Jahre und mehr gespeichert werden. Wenn es technisch machbar, ökologisch akzeptabel und wirtschaftlich tragfähig ist, könnte der Einsatz von künstlichem Auftrieb auch für die ökosystembasierte Fischzucht einen wichtigen Beitrag zu einer ökologisch nachhaltigen marinen Aquakultur leisten.

 

Ocean artUp

Bisher weiß man nicht viel über die möglichen Auswirkungen eines künstlichen Auftriebs auf das Leben im Meer und die damit verbundenen Stoffkreisläufe. Mögliche Nebenwirkungen könnten die Stimulierung von schädlichen Algenblüten und die Entstehung von Sauerstoffminimumzonen in tieferen Schichten durch absinkendes organisches Material sein. Deswegen untersuchen Forscher:innen des GEOMAR mit Hilfe von Labor- und Freiland-Experimenten, Modellrechnungen und Vergleichsstudien die Auswirkungen von künstlich erzeugtem Auftrieb von nährstoffreichem Tiefenwasser an die Oberfläche. In einem ersten Ansatz dieser Art, dem vom Europäischen Forschungsrat gefördertemProjekt Ocean artUp wurde von 2017 bis 2021untersucht, ob ein solcher Eingriff in das komplexe marine Ökosystem effizient, ökologisch vertretbar und ökonomisch sinnvoll ist.

 

Test-ArtUp

Der aktuelle Verbund Test-ArtUp der Forschungsmission CDRmare zielt darauf ab, in einem einzigartigen transdisziplinären Ansatz den Einsatz von künstlichem Auftrieb im Hinblick auf seine technische Anwendung und Optimierung, seine Kapazität zur zusätzlichen CO2-Aufnahme und Langzeitspeicherung, die damit verbundenen Umweltrisiken und ökologischen Nebeneffekte, seine Wirtschaftlichkeit im Sinne einer Kosten-Nutzen-Abwägung sowie die rechtlichen Beschränkungen und Governance-Anforderungen zu untersuchen. Die Ergebnisse von Test-ArtUp werden zusammengefasst, um wissensbasierte Empfehlungen für die mögliche Implementierung von künstlichem Auftrieb zur CO2-Entnahme zu geben.

 

 

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Anpassung an Sauerstoffmangel: Zooplankton beeinflusst die Effizienz der biologischen Kohlenstoffpumpe im Humboldtstrom vor Peru

Neue Studie beleuchtet Rolle ökologischer Anpassungen im marinen Kohlenstoffkreislauf

Cover “Best Practices Guide to Ocean Alkalinity Enhancement research”
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Leitfaden für die Forschung zur Ozean-Alkalinisierung im Fachmagazin State of the Planet veröffentlicht und auf der Klimakonferenz der Vereinten Nationen vorgestellt

Dubai Ocean Declaration
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GEOMAR nimmt an der internationalen Klimakonferenz COP28 teil und unterstützt die heute veröffentlichte „Dubai Ocean Declaration“