Tagesberichte der Expedition TRANSDRIFT XII

Donnerstag, den 30.8.2007 (74°20 N, 129°00 E)

TRANSDRIFT XII - Sommer in der Laptewsee

Nach einer recht anstrengenden Anreise von St. Petersburg über Archangelsk und Igarka haben wir Tiksi planmäßig am Dienstag erreicht. Nur wenige Stunden später sind wir dann am nächsten Morgen um 8:00 Uhr an Bord des russischen Forschungsschiffes „Ivan Petrov“ bei herrlichem Sommerwetter (wolkenlos bei 18°C) ausgelaufen. Seitdem zeigt sich das Wetter von seiner besten Seite, und wir haben unsere Forschungsarbeiten bereits an 10 Stationen erfolgreich durchgeführt. 

Herzliche Grüße aus der Laptewsee 

Die Expeditionsteilnehmer


Sonntag, den 02.09.2007 (74°23 N, 128°08 E)

TRANSDRIFT XII - Die Forschung läuft auf Hochtouren 

Die Forschungsarbeiten laufen bereits wie am Fließband, und das 25-köpfige Wissenschaftlerteam hat alle Hände voll zu tun. In den letzten Tagen wurden Hunderte von Gläschen mit Wasser- und Sedimentproben gefüllt und außerdem unzählige ozeanographische Messungen in der Wassersäule der Laptewsee durchgeführt. 

Heute wurde das Routineprogramm unterbrochen, und wir haben das erste von zwei Meeresobservatorien am Meeresboden der Laptewsee in 33 Meter Wassertiefe verankert. In der 8-Meter-langen Messkette verbergen sich viele Einzelkomponenten, die mit hoher Genauigkeit unter anderem die Temperatur- und Leitfähigkeit, die Strömungsrichtung und -geschwindigkeit und den Schwebstoffgehalt aufzeichnen werden. Nächstes Jahr, während der Expedition TRANSDRIFT XIV, sollen die Meeresobservatorien dann wieder geborgen werden und Aufschluss über die Variabilität der Umweltbedingungen in dieser Region geben. Gerade jetzt sind solche Messreihen von großer Bedeutung, denn der Klimawandel hinterlässt bereits deutliche Spuren. 

Herzliche Grüße aus der Laptewsee 

Die Expeditionsteilnehmer 


Mittwoch, den 05.09.2007 (74°30 N, 129°59 E)

TRANSDRIFT XII - Forschung wie in der Nordsee 

Bis zu 3 Meter hohe Wellen, starker Wind aus NNW und Temperaturen um den Gefrierpunkt haben unsere Stationsarbeiten in den letzten zwei Tagen deutlich eingeschränkt. Seit heute Morgen ist es wieder recht ruhig, aber der nächste Sturm hat sich schon angekündigt. Heute Abend wird entschieden, ob wir erstmal eine Pause einlegen müssen oder ob wir weiterarbeiten können. 

Hohe Wellen, Regen und ein Sturmtief nach dem anderen. Keiner von uns kann zur Zeit glauben, dass wir in der Laptewsee arbeiten. Kleine Eisberge, altes auf dem Meeresboden festsitzendes Eis aus dem letzten Jahr und driftendes Packeis haben hier immer unseren Kurs und damit die Stationsarbeiten bestimmt. Aktuelle Eisdaten wurden uns zwei Mal täglich über Funk von den entlang der Nordostpassage stationierten Eisbrechern übermittelt. 2007 sieht es ganz anders aus, denn die Packeisgrenze ist weit im Norden, fast schon am Nordpol, und Eis werden wir in diesem Jahr sicherlich nicht zu sehen bekommen - dafür aber hohe Wellen. Künftig müssen wir wohl bei der Stationsplanung umdenken. 

Am 3. September haben wir nördlich des Lena Deltas auch unser zweites Meeresbodenobservatorium erfolgreich verankert. 

Herzliche Grüße aus der Laptewsee 

Die Expeditionsteilnehmer


Samstag, den 08.09.2007 (79°00 N, 143°00 E)

TRANSDRIFT XII - Sturm in der Laptewsee, Pause für die Forschung 

In der Nacht von Freitag zu Sonnabend mussten wir alle Stationsarbeiten (siehe Abbildung) einstellen. Seitdem wird auf hoher See abgewettert, d.h. die IVAN PETROV hat ihre Nase in den Wind gelegt und macht nur noch sehr langsame Fahrt voraus - in Richtung Norden. So hatten wir uns das Wochenende nicht vorgestellt. Geplant war ein Profil von den Neusibirischen Inseln zum Lomonosov-Rücken. Eine Region, die wir bisher nie erreichen konnten, weil sie „eigentlich“ ganzjährig eisbedeckt ist. Wir hoffen, dass wir die Stationsarbeiten nach dem Sturm fortsetzen können, denn Wasser- und Sedimentproben aus der Region nördlich der Neusibirischen Inseln wären ein Höhepunkt dieser Expedition. In diesem Zusammenhang hat der dramatische Rückgang der Packeisbedeckung auch positive Seiten. Insgesamt jedoch machen uns die Veränderungen nachdenklich. 

Herzliche Grüße aus der Laptewsee 

Die Expeditionsteilnehmer 


Dienstag, den 11.09.2007 (76°44 N, 126°00 E)

TRANSDRIFT XII - Spannende Forschungsarbeiten in der östlichen und zentralen Laptewsee 

Nachdem wir den Sturm ohne Schäden abgewettert haben, überschlagen sich die Ereignisse an Bord der IVAN PETROV: Noch am Sonntag haben wir das Profil von den Neusibirischen Inseln zum Lomonosov-Rücken erfolgreich abgeschlossen. Einschränkungen gab es nur für die Meeresgeologen, denn aufgrund des kräftigen Seeganges konnten leider keine Sedimentproben mit dem Kastengreifer genommen werden. Dafür sind die Ozeanographen und Biologen begeistert, denn erste Bordergebnisse zeigen, dass sich die Umweltbedingungen in dieser Region deutlich von denen in der Laptewsee unterscheiden. 

Im Anschluss sind wir in Richtung NW abgelaufen und am Montag um 8:00 Uhr haben wir die zentrale nördliche Laptewsee erreicht. Wieder ein Gebiet, das in den letzten Jahren nur mit Eisbrechern erreicht werden konnte. Ziel war es, die Meeresbodenobservatorien OSL 2a und 2b, die während der NABOS-Expeditionen im Jahr 2005 und 2006 mit dem russischen Eisbrecher KAPITAN DRANITSYN verankert wurden, zu bergen. Im August 2006 hatte das Team an Bord KAPITAN DRANITSYN vergeblich versucht, das Meeresbodenobservatorium OSL 2a zu bergen. Gestern, beim zweiten Versuch, die 8 Meter lange Messkette zu bergen, lief - Dank des erfahrenen Kapitäns und seiner Mannschaft - alles perfekt und OSL 2a konnte ohne Schäden geborgen werden. Die Bergungsaktion von OSL 2b verlief unspektakulär, denn die automatische Auslösung vom Meeresboden funktionierte auf Anhieb, so dass die Messkette bereits wenige Minuten später in knapp 50 Meter Entfernung vom Schiff auftauchte. 

Wir sind alle sehr gespannt wie unsere Datensätze in das diesjährige Gesamtbild für den Arktischen Ozean passen. Zur Zeit sind vier Forschungsschiffe im Einsatz: AKADEMIK FEDOROV im nördlichen Nansenbecken, POLARSTERN im Voronintrog, VICTOR BUJNITZKY (NABOS 2007) auf dem Weg in die Laptewsee und wir auf der IVAN PETROV. Die im Rahmen des Internationalen Polarjahres abgestimmten Forschungsarbeiten an Bord dieser Forschungsschiffe werden zeigen, welche Auswirkungen der Klimawandel in der Arktis im Jahr 2007 hat. 

Herzliche Grüße aus der Laptewsee 

Die Expeditionsteilnehmer


Samstag, den 15.09.2007 (76°44 N, 126°00 E)

TRANSDRIFT XII - Die Biologen haben alle Hände voll zu tun 

Rund um die Uhr, während einer 24-Stunden-Station bei 62 m Wassertiefe, arbeiten die drei Meeresbiologen, seitdem wir die Meeresobservatorien in der nördlichen Laptewsee geborgen haben. Sie haben sich zum Ziel gesetzt, möglichst viele Daten über die Verteilung und Zusammensetzung der Kleinstlebewesen in der Wassersäule und am Meeresboden aus dieser Region zu gewinnen, weil sie zusammen mit dem einzigartigen Datensatz der Meeresobservatorien, der in den letzten 24 Monaten aufgezeichnet wurde, Aufschluss über die Variabilität des Umweltsystems auf verschiedenen Zeitskalen geben werden. 

Das Wetter ist gut (schwache bis mäßige Winde aus SE und Temperaturen um die 5°C), und wir befinden uns auf Südkurs in Richtung Lena-Delta. Dieses Profil durch die zentrale Laptewsee wird eine wichtige Rolle für unsere Auswertungen spielen, denn ab dem 20. September wird die POLARSTERN hier arbeiten und ein umfangreiches ozeanographisches und meereschemisches Arbeitsprogramm durchführen. Vielleicht erwischen sie ja die Herbstbedingungen, denn wir haben unsere warmen Polarsachen in der Zwischenzeit wieder eingepackt, und unsere Messergebnisse geben keinerlei Hinweise auf den bevorstehenden Wechsel der Jahreszeit. 

Herzliche Grüße aus der Laptewsee 

Die Expeditionsteilnehmer


Sonntag, den 16.09.2007 (74°30 N, 139°00 E)

TRANSDRIFT XII - IVAN PETROV in der Sannikov- und Dmitry-Laptew-Straße 

Wieder arbeiten wir in einem Meeresgebiet, das wir in den letzten Jahren aufgrund der schwierigen Eisverhältnisse nicht erreichen konnten. Bei warmem Wind aus NW, sommerlichen Temperaturen um die 5°C und Wassertemperaturen von 6°C haben wir heute Morgen die Sannikov-Straße, eine der beiden Meerengen, die die Laptewsee mit der Ostsibirischen See verbindet, erreicht. Heute und morgen werden wir umfangreiche ozeanographische, meereschemische und biologische Studien in beiden Meerengen durchführen. Dazu gehören auch Untersuchungen an zwei russischen Langzeitstationen, die zuletzt vor 10 Jahren – davor aber regelmäßig über die letzten 50 Jahre – beprobt wurden. Im Hinblick auf mögliche Veränderungen infolge des Klimawandels sind hier vor allem die Ergebnisse der biologischen Untersuchungen von großer Bedeutung. 

Vom 13. bis 16. September haben wir vergeblich versucht, Bohrungen in den Meeresboden NE des Lena-Deltas bei 40 Meter Wassertiefe abzuteufen. In allen anderen Seegebieten ist das kein Problem – jedenfalls so lange das Wetter mitspielt –, aber in der Laptewsee ist der Meeresboden gefroren und damit sehr hart, so dass wir keinen Erfolg hatten. Bereits seit einigen Jahren versuchen wir, in diesem Gebiet lange Sedimentkerne, d.h. über 15 Meter Länge, zu gewinnen. Gelungen ist es aber bisher nur ein Mal im Jahr 2000 mit dem russischen Forschungsschiff KIMBERLIT. 

Noch 10 Stationen in der SE Laptewsee und dann geht es auf Kurs W in Richtung Tiksi, wo wir am Dienstag einlaufen werden. 

Herzliche Grüße aus der Laptewsee 

Die Expeditionsteilnehmer


Donnerstag, den 20.09.2007, Tiksi

TRANSDRIFT XII - Verspäteter Rückflug 

Aufgrund der in Tiksi herrschenden schlechten Wetterverhältnisse werden die Expeditionsteilnehmer nicht, wie vorgesehen, heute am 20. September aus Tiksi abfliegen können. Der Flug musste auf den 21. September verschoben werden. Daher wird sich auch die Rückreise nach Deutschland um ein bis zwei Tage verschieben.