Günter Dietrich

Professor für Ozeanographie an der Universität Kiel, 1959 - 1972
Direktor des Instituts für Meereskunde der Universität Kiel, 1959 – 1968
 

 

Günter Dietrich wurde am 15. November 1911 in Berlin geboren. Nach einem Studium der Ozeanographie, Meteorologie, Mathematik, Physik und Geographie wurde er an der Universität Berlin 1935 promoviert. Er arbeitete zunächst am Berliner Institut für Meereskunde, dem damals führenden Meeresforschungsinstitut in Deutschland. Dabei lernte er Forscherpersönlichkeiten wie Albert Defant (1884-1974) und Georg Wüst (1890-1977) kennen und sammelte Erfahrungen in der wissenschaftlichen Seefahrt. 

Im Zweiten Weltkrieg wurde er als physikalischer Ozeanograph im Marineobservatorium in Wilhelmshaven und später in Greifswald eingesetzt, vor allem auf See. Er habilitierte sich 1943 an der Universität Berlin für die Fächer Geophysik und Ozeanographie. Nach dem Krieg begann 1950 seine erneute Arbeit in der Meeresforschung im Deutschen Hydrographischen Institut in Hamburg. Dort veröffentlichte er mit dem Meereschemiker Kurt Kalle die erste Auflage seines Buches „Allgemeine Meereskunde“, das zum Standardlehrbuch im deutschen Raum wurde. Die zweite Auflage, die er mit den hinzugekommenen Autoren Wolfgang Krauß und Gerold Siedler kurz vor seinem Tode 1972 fertigstellen konnte, blieb bis in die 1990er Jahre das wichtigste deutschsprachige Lehrbuch der Meeresforschung. 

 

Direktor des Instituts für Meereskunde

Im Jahre 1959 trat Günter Dietrich die Nachfolge von Georg Wüst als Professor an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und als Direktor des Instituts für Meereskunde an. Georg Wüst hatte das Kieler Institut ab 1946 wieder aufgebaut, Günter Dietrich verstärkte die Ausrichtung der Arbeiten auf den offenen Ozean und die Tiefsee. Das entsprach der Tradition des früheren Berliner Instituts und führte die deutschen Meeresforscher zurück in die internationale Gemeinschaft der Meeresforschung. Die Mitarbeit beim „Polar Front Survey“ im Internationalen Geophysikalischen Jahr 1958/59 war ein wesentlicher Beitrag im internationalen Verbund. Der wichtigste Schritt war dann, das Hochsee-Forschungsschiff „Meteor“ zu bauen und unmittelbar nach der Indienststellung 1964/65 an der „International Indian Ocean Expedition“ teilzunehmen. Der Beitrag von Günter Dietrich zur Entstehung der neuen „Meteor“ kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Er leistete wesentliche Überzeugungsarbeit bei den Geldgebern und er war an der Konzeption und der Einsatzplanung entscheidend beteiligt. Die Zusammenarbeit mit dem Deutschen Hydrographischen Institut (DHI, heute Bundesanstalt für Seeschiffahrt und Hydrographie) in Hamburg war eng; die neue „Meteor“ wurde über lange Zeit vom DHI bereedert.

Das Kieler Institut für Meereskunde entwickelte sich unter Dietrichs Leitung schnell zum damals größten multidisziplinären Lehr- und Forschungsinstitut der marinen Grundlagenforschung in Deutschland. Aus 15 Institutsangehörigen wurden bis 1968, als er die Leitung weitergab, 124 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Zusätzliche Abteilungen für Meteorologie, Theoretische Ozeanographie, Planktologie, Meeresphysik und Meereschemie wurden nach und nach eingerichtet. Die Studiengänge in den meereskundlichen Fächern wurden erweitert. Eine ganze Generation von deutschen Meeresforscherinnen und Meeresforschern wurde überwiegend durch eine Ausbildung an der Kieler Universität geprägt. Zum Abschluss seiner Amtszeit als Direktor sorgte Dietrich für die Aufnahme des Instituts in die sogenannte „Blaue Liste“, aus der später die Leibniz Gemeinschaft hervorging. Damit wurde eine Kollegialsatzung eingeführt und eine Bund-Länder-Finanzierung sichergestellt.

Wissenschaftliche Schwerpunkte

Günter Dietrich blieb bis zu seinem Lebensende ein äußerst aktiver und motivierender Wissenschaftler mit großer Offenheit für die interdisziplinäre Zusammenarbeit. Am Beginn seiner Arbeit in der Meeresforschung hatte eine Dissertation über den Agulhasstrom gestanden, deren Ergebnisse noch heute als wegweisend gelten. In seiner Habilitationsschrift befasste er sich mit den Gezeiten der Weltmeere. Seine Gezeitenkarten waren über viele Jahre oft benutzte Arbeitsgrundlagen für andere Meeresforscher. Die Hydrographie von Nord- und Ostsee hat ihn oft beschäftigt, in den späteren Jahren stand der Nordatlantik im Mittelpunkt seines Interesses, die Polarfront, der Grönland-Schottland-Overflow, aber auch die unterseeischen Kuppen im Atlantik. Er war ein Ozeanograph, der stark geographisch orientiert war, in der Tradition von Otto Krümmel (1854-1912), Gerhard Schott (1866-1961) und Georg Wüst. Während seiner letzten Lebensjahre dominierte in der physikalischen Ozeanographie jedoch nicht die großräumige Darstellung des Ozeans, sondern immer mehr die prozessorientierte Forschung. Günter Dietrich hätte sicher seine Freude daran gehabt festzustellen, dass sich in den folgenden Jahrzehnten mit der Frage nach der Rolle des Ozeans für Klimaänderungen der Blick wieder auf großräumige Vorgänge und den globalen Ozean richtete.

 

Publikationen von Günter Dietrich

  • Atlas zur Ozeanographie
    Dietrich, G. und J. Ulrich
    Meyers Großer Physischer Weltatlas 7
    Bibliographisches Institut, Mannheim, 75 S., 1968.
  • Atlas of the hydrography of the northern North Atlantic Ocean
    ICES Copenhagen, 140 S., 1970. 
  • Allgemeine Meereskunde
    Dietrich, G., Kalle, K., Krauss, W. und G. Siedler
    3. Auflage, 593 S., Borntraeger, Berlin-Stuttgart, 1975
  • Weitere Publikationen von Günter Dietrich im Katalog der GEOMAR-Bibliothek

Publikationen über Günter Dietrich

  • Revival of Oceanography in Germany
    McElheny, V. K., Science, Vol. 146, 45 – 48, 1964
    (englisch, Artikel im Science-Archiv)
  • In memoriam Günter Dietrich 1911-1972
    Roll, H. U., Meteor Forschungsergebnisse, Reihe A, Nr. 12, V – X,  Borntraeger, Berlin, 1973
    (deutsch, englisch) (Artikel in OceanRep)
  • Günther Dietrich  15.11.1911-2.10.1972.
    Böhnecke, G. und A. Bückmann., Berichte der Deutschen Wissenschaftlichen Kommission für Meeresforschung 22: 463-471, 1973
    (deutsch/englisch)
  • Günter Dietrich 15 November 1911-2 October 1972
    Lee, A. J., J. Cons. int. Explor. Mer, 36(1): 4-6 November 1974.
  • Bibliographie Günter Dietrich
    Siedler, G. und R. Bröcker, Meteor Forschungsergebnisse, Reihe A, Nr. 21, 71 -  74, Borntraeger, Berlin, 1980
    (deutsch mit englischem Abstract)
  • Günter Dietrichs Kieler Jahre (1959 - 1972)
    Krauss, W., Christiana Albertina, 24 (N. F.), 43 - 54, Wachholtz,
    Neumünster, 1987
    (deutsch)
    (Artikel in OceanRep)

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