Aufstellen einer meteorologischen Station auf dem Festeis der arktischen Laptev-See. Doch Vorsicht: Eisbären lieben Kabel. Foto; H. Kassens, IFM-GEOMAR
Mit russischen Transporthubschraubern fliegen die Wissenschaftler von der Hafenstadt Tiksi zum Arbeitsgebiet auf dem Festeis der Laptev-See. Foto: H. Kassens, IFM-GEOMAR

Wie schnell schmilzt das Eis der Arktis?

Deutsche und russische Meeresforscher untersuchen Klimasignale vor der Küste Zentralsibiriens

12.03.2009, Kiel/Tiksi – Nicht nur für Eisbären, auch für die gesamte Menschheit können Veränderungen in der Arktis ernste Folgen haben. Denn die Regionen des Nordpolarmeeres beeinflussen das Klima global. Dass sie sich verändern, ist sicher. So hat die durchschnittliche Meereisbedeckung in den Sommermonaten der letzten 20 Jahre drastisch abgenommen. Im September 2008 lag sie rund 34 Prozent unter dem langjährigen Mittelwert von 1979 bis 2000. Eine Gruppe internationaler Meeresforscher unter der Leitung des Kieler Leibniz-Instituts für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR) startet am 15. März zu einer sechswöchigen Expedition in die russische Arktis. Sie will herausfinden, wie rasch sich das Klima dort ändert und welche globalen Auswirkungen dies haben könnte.

Schwitzen bei minus 30 Grad Celsius – das erwartet die 18 Teilnehmer der Expedition TRANSDRIFT XV nach ihrer Ankunft in der nordsibirischen Hafenstadt Tiksi. Der 5000-Einwohner-Ort nahe dem Lena Delta wird für sechs Wochen das Hauptquartier der Meeres- und Klimaforscher sein. Ihr eigentliches Arbeitsgebiet liegt noch einmal zwei bis drei Hubschrauber-Flugstunden weiter nördlich auf dem Festeis der arktischen Laptev-See. Auch im April herrschen dort tagsüber Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt. „Trotzdem wird uns manchmal ganz schön warm werden. Arktisforschung ist auch Knochenarbeit“, erklärt die Projektleiterin Dr. Heidemarie Kassens vom Kieler Leibniz-Institut für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR). Löcher ins Eis bohren, um Messstationen im Meer zu versenken, Wetterstationen aufstellen, Kabel verlegen – unter den extremen Bedingungen der Arktis ist dabei viel Handarbeit gefragt.

TRANSDRIFT XV ist die zweite Winterexpedition in dieser Gegend, die sich speziell mit den so genannten Polynjas beschäftigt. Das sind freie Wasserflächen, die sich im Winter trotz arktischer Temperaturen zwischen dem Festeis der Küstenregion und dem Packeis des Nordpolarmeeres bilden. Sie sind von zentraler Bedeutung für die Schifffahrt, aber auch für die Produktion von neuem Meereis. Zudem reagieren sie sehr sensibel auf Veränderungen der Meeresströmungen oder der Luftzirkulation. Deshalb können sie als Modell für Veränderungen in der gesamten Arktis dienen. Gleichzeitig ist die Entwicklung der Polynjas selbst wichtig für Prognosen des Klimawandels in der Arktis und weltweit.

Von mehreren provisorischen Camps auf dem Festeis der Laptev-See werden die Wissenschaftler meteorologische, ozeanographische, biologische, und meereschemische Untersuchungen durchführen. Dafür werden meteorologische Messstationen errichtet und vier Kurzzeit-Meeresobservatorien in der Polynja verankert. Proben vom Meeresboden der dort nur etwa 30 Meter tiefen Laptev-See sollen Aufschluss über die Entwicklung der Klimabedingungen in den vergangenen 15.000 Jahren geben – Daten, die auch helfen, Klimaprognosen für die Zukunft zu verbessern. „Zusammen mit den Daten der vorherigen Expedition hoffen wir so die Veränderungen in der Arktis besser zu verstehen, um die Auswirkungen auf die gesamte Erde einschätzen zu können“, sagt Dr. Kassens.

Das Expeditions-Team wird täglich auf der Projekt-Homepage über die Arbeit im arktischen Eis berichten.  Per Live-Schaltung wird Dr. Kassens am 20. März außerdem an einer Diskussion zum Abschluss des internationalen Polar-Jahres 2008/09 beim deutsch-französischen Wissenschaftsforum in Paris teilnehmen.
 

Hintergrundinformationen:
An der Expedition Transdrift XV nehmen insgesamt 18 Wissenschaftler des Leibniz-Instituts für Meerswissenschaften (IFM-GEOMAR), des Alfred-Wegner-Instituts für Polar- und Meeresforschung (AWI), des Staatlichen Instituts für Arktis und Antarktisforschung der Russischen Föderation (AARI), des Lena-Delta-Reservates sowie der Universitäten Trier, Moskau und St. Petersburg teil. Die Expedition wird finanziert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des Projektes „Laptev-See-Polynja“ sowie von russischer Seite vom AARI und vom russischen Ministerium für Wissenschaft und Bildung.

Ansprechpartner:
Jan Steffen (Öffentlichkeitsarbeit), Tel. 04 31 / 6 00 – 2811, jsteffen@geomar.de

Aufstellen einer meteorologischen Station auf dem Festeis der arktischen Laptev-See. Doch Vorsicht: Eisbären lieben Kabel. Foto; H. Kassens, IFM-GEOMAR
Aufstellen einer meteorologischen Station auf dem Festeis der arktischen Laptev-See. Doch Vorsicht: Eisbären lieben Kabel. Foto; H. Kassens, IFM-GEOMAR
Mit russischen Transporthubschraubern fliegen die Wissenschaftler von der Hafenstadt Tiksi zum Arbeitsgebiet auf dem Festeis der Laptev-See. Foto: H. Kassens, IFM-GEOMAR
Mit russischen Transporthubschraubern fliegen die Wissenschaftler von der Hafenstadt Tiksi zum Arbeitsgebiet auf dem Festeis der Laptev-See. Foto: H. Kassens, IFM-GEOMAR