Antrieb des Klimas – die großen Meeresströmungen

Die Meeresströmungen transportieren gigantische Mengen Wärme um den Globus. Damit sind sie eine der wichtig­sten Schubkräfte des Klimas. Da sie ausgesprochen träge auf Veränderungen reagieren, werden die Auswirkungen des globalen Wandels langsam, aber über Jahrhunderte zu spüren sein. Die imposanten Schubkräfte der Meeresströmungen waren schon immer unter Seefahrern ein gut gehütetes Geheimnis, das nur mündlich weitergegeben wurde. Es dauerte bis ins 17. Jahrhundert, bis die erste systematische Karte der atlantischen Meeresströmung gezeichnet wurde. Und erst in den 1970er Jahren konnte durch globale ozeanographische Daten das sogenannte „globale Förderband“, ein erdumspannendes Strömungssystem durch alle Ozeane, nachgewiesen werden.

Meeresströmungen werden durch Wind- und Dichteunterschiede angetrieben. Vor allem die oberflächennahen Strömungen stellen sich durch ein Zusammenspiel von großräumigen Windsystemen und der durch die Drehung der Erde verursachten Corioliskraft sowie der Land-Meerverteilung ein. Heute wissen wir, dass die Meeresströmungen auch gigantische Mengen Wärme um den Globus transportieren. Damit tragen sie zum Ausgleich der Temperaturunterschiede zwischen dem Äquator und den Polen bei und stelllen so eine wichtige Komponente in unserem Klimasystem dar. Andererseits puffern unsere Ozeane die Klimaerwärmung ab: Sie nehmen etwa ein Drittel des anthropogen verursachten Treibhausgases CO2 auf.

 

Die thermohaline Zirkulation - Das globale Förderband der Meeresströmungen


Vereinfachtes Schema der thermohalinen Zirkulation - weltweiten ozeanischen Strömungen von warmen, salzhaltigen Oberflächenwasser (rot) und kaltem, weniger salzhaltigem Tiefenwasser (blau) in der „Spilhaus-Projektion“, die auf die Antarktis zentriert ist und den globalen Ozean als ein einziges Gewässer darstellt. Für mehr Infos klicken Sie auf die einzelnen Ziffern. Grafik: Christoph Kersten / GEOMAR, Kartenquelle: Clara Dealberto nach Athelstan Spilhaus


Eine der wichtigsten und bekanntesten Meeresströmungen im Atlantik ist der Golfstrom. Er transportiert warmes Wasser aus dem Golf von Mexiko entlang der amerikanischen Ostküste nach Norden und quer über den Atlantik ostwärts in Richtung Europa. Hier wird aus dem Golfstrom der Nordatlantikstrom. Er weist an der Oberfläche mittlere Geschwindigkeiten von bis zu sechs Kilometern pro Stunde auf und führt mehr Wasser mit sich, als alle Flüsse der Erde zusammen. Das Vordringen dieses warmen Wassers an die Küsten Europas ist mitverantwortlich für das milde Klima Nordeuropas.

Das warme Wasser aus dem Golf von ­Mexiko wird während seiner Reise mit dem Golfstrom Richtung Nordatlantik immer weiter abgekühlt. Je kälter das Wasser wird, desto dichter und schwerer wird es und sinkt schließlich in der Grönlandsee  und in der Labradorsee westlich von Grönland  in die Tiefe ab. So entsteht ein zusätzlicher Antrieb des Nordatlantikstroms und eine wichtige Komponente der gesamten globalen Ozean­zirkulation. In den tiefen Schichten des Atlantiks wird so eine gegenläufige, nach Süden gerichtete Strömung in Richtung Süd­polarmeer in Gang gesetzt.

In der Tiefsee fließt das abgesunkene nordatlantische Wasser als kalte Tiefenströmung bis zum Ausgang des Südatlantiks und wird dann in den antarktischen Zirkumpolarstrom eingespeist und in den Indischen Ozean  und den Pazifik transportiert. Der Zirkumpolarstrom des südlichen Ozeans umströmt den gesamten Globus und vermischt die Wassermassen der drei angrenzenden Ozeane. Von dort bewegen sich die Wassermassen wieder nordwärts in die verschiedenen Ozeanbecken und vermischen sich mit dem Umgebungswasser. Dabei steigen sie in die oberflächennahen Schichten auf.

Über den Agulhasstrom wird warmes Wasser aus dem Indischen Ozean um die Südspitze Afrikas geführt. Es breitet sich zunächst in großen Wirbeln von mehreren 100 Kilometern Durchmesser und bis in 1.000 Meter Tiefe im Südatlantik aus und wird dann über den Äquator Richtung Karibik transportiert. Damit schließt sich der Kreislauf der globalen Ozeanzirkulation, der Zeit­skalen von mehreren Hundert bis Tausend Jahren hat.

 

Konvektion: Der Weg des Wassers in die Tiefe

Nirgends sonst in den Ozeanen gleitet Oberflächenwasser so schnell in die Tiefe wie in den Konvektionsgebieten im Nordaltantik und im Südpolarmeer, und an keiner anderen Stelle machen sich Veränderungen an der Meeresoberfläche oder in der Atmosphäre so schnell im Innern des Meeres bemerkbar wie hier – etwa der zunehmende Kohlendioxidgehalt im Wasser. Die Konvektion verbindet zwei Bereiche des Ozeans miteinander, die sich voneinander unterscheiden: die oberflächennahen Schichten, die mit den atmosphärischen Wind-, Strahlungs- und Niederschlagsfeldern in Kontakt stehen, und die tiefen Bereiche des Ozeans. Oben schwanken Strömungen, Temperaturen oder Salzgehalte innerhalb von Wochen oder Monaten. In der Tiefe hingegen ändern sich die Umgebungsbedingungen eher im Laufe von Jahrzehnten oder gar Jahrhunderten. In den warmen Meeresgebieten der Tropen und Subtropen gibt es keinen mit der Konvektion vergleichbaren Austausch zwischen Oberfläche und Tiefe. Das warme Oberflächenwasser hat eine relativ geringe Dichte und schwimmt deshalb als warme Deckschicht auf den tieferen kälteren Wassermassen. Beide Schichten sind klar voneinander getrennt. Sie vermischen sich auch kaum. Stattdessen gibt es dort, wo sie sich berühren, einen starken Temperatur- und damit Dichtesprung, der das Vordringen der Wärme in die Tiefe behindert. In sehr warmen Meeresgebieten wie dem westlichen äquatorialen Pazifik schließlich gibt es kaum Durchmischungen, zu den Polen hin aber sind die Meere stärker durchmischt und weniger stark geschichtet. Da ein klarer Temperatur- und Dichtesprung fehlt, können Veränderungen an der Meeresoberfläche dort bis ins Innere des Ozeans ausstrahlen. Die Konvektionsgebiete aber bleiben der Expresslift in die Tiefe.

Mehr Infos zum Thema im World Ocean Review 1:
Antrieb des Klimas – die großen Meeresströmungen

 

 

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