Korrodierende Mine am Boden der Ostsee. Foto: GEOMAR
Munitionskisten auf dem Grund der Ostsee, optisch kartiert von AUV ANTON. Foto: AUV-Team GEOMAR
Fotomosaik mit Altmunition am Meeresboden, entstanden während der Expedition AL548 mit Hilfe der AUVs ANTON und LUISE. Foto: AUV-Team GEOMAR

Während der ALKOR-Expedition AL548 im Herbst 2020 wurden mit den autonomen Unterwasserfahrzeugen AUV ANTON und AUV LUISE (im Bild) hoch aufgelöste Fotomosaike von Gebieten mit Munitionsaltlasten in der Ostsee erstellt. Foto: Torsten Frey, GEOMAR

CONMAR nimmt Munitionsbergung in Angriff

GEOMAR koordiniert neues Verbundvorhaben der Deutschen Allianz Meeresforschung

31.01.2022/Kiel. Ein jetzt gestartetes Verbundvorhaben der Deutschen Allianz Meeresforschung macht das aktuelle Wissen zu Munitionsaltlasten in der Ost- und Nordsee gebündelt verfügbar und erarbeitet konkrete Lösungsansätze für die Überwachung, Bergung und Entsorgung. Das bis 2024 laufende Projekt wird vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel koordiniert und mit 4,8 Millionen Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützt.

Am Boden der deutschen Nord- und Ostsee liegen noch immer 1,6 Millionen Tonnen Munition aus dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg. Wie gefährlich sind diese Altlasten für die marine Umwelt und die Menschen? Wie lassen sie sich sicher bergen und entsorgen? Der jetzt im Rahmen der Forschungsmission „Schutz und nachhaltige Nutzung mariner Räume“ der Deutschen Allianz Meeresforschung (DAM) gestartete Forschungsverbund CONcepts for conventional MArine Munition Remediation in the German North and Baltic Sea (CONMAR, Konzepte zur Sanierung konventioneller Munitionsaltlasten in Nord- und Ostsee) liefert neues Wissen über das schlummernde Risiko, Strategien und Handlungsansätze.

Dazu arbeiten bis Ende 2024 unter Leitung des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel Expertinnen und Experten des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), des Thünen Instituts, des Instituts für Toxikologie aus dem Universitäts-Klinikum Schleswig-Holstein (UKSH), der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung, der Universität Rostock, des Umweltbundesamts, des Global Climate Forum, des Leibniz Instituts für Ostseeforschung (IOW) und der Software-Firma north.io eng zusammen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert den Forschungsverbund mit 4,8 Millionen Euro.

„Je später wir ins Handeln kommen, desto größer wird die Gefahr“, betont Professor Dr. Jens Greinert, Koordinator des Verbundprojekts und Leiter der Arbeitsgruppe Tiefseemonitoring am GEOMAR. „Die verschiedenen Munitionstypen rosten und zersetzen sich. Sie sind ein Risiko für die öffentliche Sicherheit, für Fischerei, den Tourismus oder auch für Bagger oder Bauunternehmungen im Küstenbereich, wo sie immer wieder geräumt werden müssen. Wir wollen insbesondere untersuchen, wie chemische Verbindungen aus dem Sprengstoff, darunter auch krebserregende Stoffe, freigesetzt werden und zu welchem Anteil sie in die marine Nahrungskette gelangen.“

Aus verschiedenen Forschungsprojekten seien die belasteten Flächen und die Folgen der Ausbreitung von Schadstoffen vor allem in der Ostsee mittlerweile recht gut bekannt, so Professor Dr. Greinert. „Wir werden dieses Wissen gebündelt für Politik und Wirtschaft nutzbar machen. Darüber hinaus gilt es, konkrete Handlungsansätze für die Überwachung und die Sanierung zu erarbeiten und in die Umsetzung zu überführen. CONMAR hilft durch seinen transdisziplinären Ansatz allen wichtigen Stakeholdern, diesen dringend notwendigen Schritt gemeinsam zu unternehmen.“ CONMAR wird sich zu Beginn mit der Ostsee beschäftigen, weil hier der Wissensstand schon hoch ist. Erkundungsuntersuchungen werden aber auch in der Nordsee erfolgen, um endlich auch dort über gesicherte Erkenntnisse zu verfügen. Das gesamte Konsortium kann dabei auf eine ganze Reihe an Vorgängerprojekten und derzeit parallel laufenden Projekten zur technischen Entwicklung von Arbeitsmethoden und neuartigen Geräten aufbauen.

Mit diesem Ansatz trägt das Verbundvorhaben direkt zum Ziel der Mission „Schutz und nachhaltige Nutzung mariner Räume“ der Deutschen Allianz Meeresforschung bei, in der Konzepte zur Reduzierung von Schadstoffen im Meer entwickelt werden. Auch Auswirkungen des Klimawandels, etwa die beschleunigte Erosion von Munitionshüllen durch verstärkte Wasserbewegungen im Zuge von häufiger auftretenden Stürmen, werden untersucht. Zudem bestehen Verbindungen zu den übrigen Verbundprojekten innerhalb der DAM-Mission, so zum Beispiel zu CoastalFutures bezüglich prognostischer Modellierungen zur Verbreitung von Sprengstoffverbindungen unter veränderten Klimabedingungen, oder auch zu CREATE bezüglich unterschiedlicher Ökosystem und Multistressor-Untersuchungen. Generell wird sich CONMAR sehr stark in den gemeinsamen Stakeholder-Dialog der DAM-Mission einbringen.

Die DAM-Forschungsmission Schutz und nachhaltige Nutzung mariner Räume

Die Forschungsmission „Schutz und nachhaltige Nutzung mariner Räume“ der Deutschen Allianz Meeresforschung (DAM) untersuchen die Auswirkungen der Nutzung und die Wirkung von Schutzkonzepten für Meer und Küste. Zwei Pilotvorhaben und fünf Verbundprojekte untersuchen in einem breit angelegten transdisziplinären Forschungsansatz die ökologischen, ökonomischen und sozialen Auswirkungen der Belastung von Nord- und Ostsee. Ziel ist, eine wissenschaftlich fundierte Entscheidungsbasis für Politik, Behörden und Wirtschaft zu schaffen.

Korrodierende Mine am Boden der Ostsee
Korrodierende Mine am Boden der Ostsee. Foto: GEOMAR
Munitionskisten am Boden der Ostsee
Munitionskisten auf dem Grund der Ostsee, optisch kartiert von AUV ANTON. Foto: AUV-Team GEOMAR
Munition am Boden der Ostsee.
Fotomosaik mit Altmunition am Meeresboden, entstanden während der Expedition AL548 mit Hilfe der AUVs ANTON und LUISE. Foto: AUV-Team GEOMAR
Aussetzen eines Unterwasserfahrzeugs auf der Ostsee.

Während der ALKOR-Expedition AL548 im Herbst 2020 wurden mit den autonomen Unterwasserfahrzeugen AUV ANTON und AUV LUISE (im Bild) hoch aufgelöste Fotomosaike von Gebieten mit Munitionsaltlasten in der Ostsee erstellt. Foto: Torsten Frey, GEOMAR