Eine Autobahn für Eisen im Ozean
Neue Studie identifiziert hydrothermale Quellen als unterschätzte Eintragswege für wichtigen Nährstoff im Meer
Wie wird Eisen aus hydrothermalen Quellen über ganze Ozeanbecken hinweg transportiert? Die Forschungsergebnisse dazu hat eine Studie von zwölf Wissenschaftler:innen deutscher Meeresforschungszentren unter Leitung des MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen – und mit Beteiligung des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel zusammengefasst und neu interpretiert. Die Überblicksstudie mit dem Titel „Iron’s Irony“ ist jetzt in der Fachzeitschrift Communcation Earth & Environment erschienen.
Hydrothermale Quellen transportieren metallreiche Lösungen
Hydrothermale Quellen entstehen, wenn bis über 300 Grad heiße, metallreiche Lösungen durch die Ozeankruste aufsteigen und sich mit dem kalten Wasser nahe dem Meeresboden mischen. Chemische Reaktionen sorgen dafür, dass die eisenhaltigen Partikel aus der hydrothermalen Lösung das Wasser schwarz färben. Man nennt diese Quellen deshalb auch „Schwarze Raucher“.
„Das meiste Eisen, das mit den heißen Fluiden austritt, reagiert sofort mit Sauerstoff und Schwefelverbindungen und fällt als Mineralien aus. Doch ein kleiner Teil bleibt überraschend lange in Lösung – gebunden an kleinste Moleküle oder beeinflusst durch Mikroben – und kann so Nährstoffe weit über die eigentlichen Quellen hinaus transportieren“, erklärt Dr. Solveig Bühring, Erstautorin der Studie und Geomikrobiologin am MARUM.
Eisen als Schlüsselrolle
Indem das Forschungsteam geochemische, mikrobiologische und modellbasierte Ansätze verbunden hat, konnte es zeigen, wie hydrothermale Systeme Teil der globalen Nährstoffkreisläufe sind. „Die Ergebnisse sind so spannend, da Eisen eine Schlüsselrolle im marinen Ökosystem spielt. Es unterstützt die Primärproduktion, also die Bildung von Biomasse aus CO2 durch Mikroorganismen wie Phytoplankton – eine wichtige Grundlage für Leben im Ozean. Eisen ist an zentralen biologischen Prozessen wie der Photosynthese, Atmung und Stickstofffixierung beteiligt“, sagt Dr. Stefanie Böhnke-Brandt, Co-Autorin und Geomikrobiologin am GEOMAR.
Lange gingen Forschende davon aus, dass eisenreicher Staubeintrag aus der Atmosphäre die wichtigste äußere Eisenquelle für die Ozeane ist. In den letzten Jahren wurde jedoch, insbesondere durch das internationale GEOTRACES-Programm, die Verteilung von Spurenelementen wie Eisen weltweit systematisch kartiert. Die Ergebnisse zeigen, dass hydrothermale Aktivität entlang der mittelozeanischen Rücken in allen Ozeanbecken eine bislang unterschätzte, bedeutende Eisenquelle für die Weltmeere darstellt. Die hydrothermalen Austrittsfahnen tragen zur Versorgung entfernter Meeresregionen mit bioverfügbarem Eisen bei und somit zur Produktivität des Ozeans bis in ferne Regionen.
Eisen ist an vielen Stellen des Ozeans knapp. Das hat zur Folge, dass die Primärproduktion, also das Wachstum von Phytoplankton an der Meeresoberfläche, oft geringer ausfällt, als eigentlich möglich wäre. Gelangt Eisen aus hydrothermalen Quellen in solche nährstoffarmen Gebiete, kann es die Produktivität der Ozeane deutlich steigern. Je mehr Plankton wächst und in die Tiefe absinkt, desto mehr CO2 wird aus der Atmosphäre gebunden und im Ozean gespeichert – ein klimarelevanter Prozess und wichtiger Teil des globalen Kohlenstoffkreislaufs“, sagt Stefanie Böhnke-Brandt.
Publikation:
Bühring, S.I., Böhnke-Brandt, S., Diehl, A. et al. Iron’s irony: speciation, complexation & microbial processing of Fe in hydrothermal plumes. Commun Earth Environ 6, 821 (2025).
https://doi.org/10.1038/s43247-025-02839-4
Eine Hydrothermale Quelle am Mittelatlantischen Rücken. Über die Ausbreitungswolke – der sogenannten Plume – werden heiße, mineralreiche Flüssigkeiten im Ozean verteilt. Das Foto entstand während der Forschungsreise M190 mit dem Tauchroboter MARUM-QUEST4000. Der Arm des Tauchroboters hält eine Temperaturlanze in die Austrittfahne, um dort die Temperatur zu messen.
Foto: MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften, Universität Bremen