Fahrtleiterteam Klas Ove Möller (HZG) und Helena Hauss (GEOMAR) Foto: Saskia Rühl
FS Heincke im Masfjord beim Bergen einer Verankerung des WireWalker mit einer profilierenden CPICS-Kamera des HZG. Foto: Saskia Rühl
Auslegen einer Sedimentfallenverankerung mit Underwater Vision Profiler (UVP6) und Simrad WBAT. Foto: Helena Hauss
Jan Taucher (GEOMAR) hat bei diesem Einsatz seiner selbst entwickelten PIScO (Plankton Imaging with Scanning Optics), für die es die erste Schiffsexpedition war, nicht nur Bilder ergattert. Foto: Christian Konrad
Eine große CTD-Rosette wurde zur „Bio-Optical Platform“ ausgerüstet und dient als gemeinsamer Träger für alle Kamerasysteme. Foto: Laetitia Drago
Periphylla auf einem Video der geschleppten PELAGIOS-Kamera von Henk-Jan Hoving (GEOMAR). Foto: Helena Hauss
Vanessa Stenvers beginnt gerade ihre Doktorarbeit am GEOMAR und untersucht den Einfluß von Sedimenteintrag auf Periphylla. Die Tiefseequallen sind äußerst lichtempfindlich, daher die Rotlicht-Kopflampe in der ansonsten dunklen Klimakammer. Foto: Helena Hauss

Expedition HE570 #FjordExport

Eine Forschungsexpedition trotz(t) Corona

“Nicht nur der wissenschaftliche Erfolg dieser Reise rechtfertigt den Aufwand, auch die ansteckende Begeisterung und die Kooperation sind nach vielen doch recht einsamen Monaten im Home Office eine große Motivation.” (Helena Hauss)

Am 2. März 2021 verließ das Forschungsschiff Heincke Bremerhaven mit Ziel Norwegen. Vor dem Start einer Expedition liegen viele Monate Arbeit und Vorbereitung, damit alle notwendigen Geräte, alle Genehmigungen und alle Fahrtteilnehmer:innen mit an Bord kommen. Auf Grund der Corona-Pandemie mussten viele seegehende GEOMAR Forschungsfahrten abgesagt werden. Die Expedition HE570 bekam eine Freigabe und geht nun morgen zu Ende. Das Fahrtleiterteam Helena Hauss (GEOMAR) und Klas Ove Möller (HZG) beantworten ein paar Fragen über das Durchführen einer Expedition in Zeiten einer Pandemie.

Was untersucht ihr bei eurer Expedition?
Wir untersuchen den Transport von Kohlenstoff in die Tiefsee, mit besonderem Augenmerk auf die Rolle von Zooplankton und Fischen. Als Modell oder natürliche „Mesokosmen“ dienen uns zwei Fjorde in Norwegen, die ein ganz unterschiedliches Nahrungsnetz aufweisen – im einen, dem Masfjord, leben Laternenfische und Leuchtsardinen. Im anderen, dem Lurefjord, hat deren Platz die Helmqualle Periphylla periphylla eingenommen. Gleichzeitig sind diese Fjorde ideal, um verschiedene Kamerasysteme, die am AWI, HZG und GEOMAR sowie am CNRS in Frankreich eingesetzt werden, miteinander zu vergleichen und die daraus gewonnenen Daten zu harmonisieren. Sie erlauben Tiefseeforschung unter sehr ruhigen Arbeitsbedingungen, was diesen technischen Aspekt unserer Fahrt erleichtert. Wir setzen kamerabasierte Beobachtungen ergänzt durch z.B. Sedimentfallen und Netzfänge sowie Hydroakustik ein und messen damit den Einfluss von Zooplankton auf die sogenannte biologische Kohlenstoffpumpe, also wie sinkende Partikel und Zooplankton miteinander interagieren.

Warum ist es wichtig, auch in dieser Zeit auf Expedition zu fahren?
Ein vollständiger Stillstand der seegehenden Forschung wäre für unsere beobachtungsbasierten Arbeiten und Projekte fatal. Besonders für die jungen, in Projekten beschäftigten Wissenschaftler sind diese Daten von enormer Bedeutung, da sie die Basis für ihre gerade begonnenen Doktorarbeiten darstellen. Für uns ist der wissenschaftliche Austausch an Bord und das gemeinsame Bearbeiten einer Fragestellung auch ein wichtiger Teil des wissenschaftlichen Erkenntnisprozesses. Unsere kürzlich gegründete Helmholtz-weite Arbeitsgruppe PIC (Pelagic Imaging Consortium) hatte sich bis dahin zwar auch hin und wieder zum Austausch getroffen und es gab schon Kollaborationen einzelner Mitglieder, jedoch war dies die erste gemeinsame Expedition fast der gesamten Gruppe.

Hat sich durch die erschwerten Bedingungen das Fahrtgebiet geändert?
Nein, wir hatten von Anfang an diese beiden Fjorde im Visier und die Fahrt auch von vornherein Bremerhaven-Bremerhaven geplant. Das hat uns nun natürlich die Durchführung unter Corona-Maßnahmen erleichtert. Um ehrlich zu sein, hat sich die Wahl des Lurefjords als doppeltes Glück herausgestellt: eine landbasierte Expedition mit dem Tauchboot JAGO im Rahmen des iAtlantic-Projekts zum Einfluss von Sedimentwolken durch Abbau von Tiefseemineralien auf pelagische (also im Freiwasser schwimmende) Organismen kann in diesem Jahr leider coronabedingt nicht stattfinden – aber wir konnten jetzt bereits hierzu Versuche mit Periphylla durchführen. Vanessa Stenvers, die ihre Doktorarbeit in diesem Projekt beginnt, konnte kurzfristig mitfahren. Übrigens auch hier nochmal ein Dankeschön an die Heincke-Crew, die kurz vor dem Einreichen unseres Antrags noch schnell ausgemessen hat, ob das Schiff mit allen Antennen wirklich unter der Brücke hindurch in den Lurefjord hineinpasst (bei Niedrigwasser so gerade eben  – mit weniger als einem Meter Platz).

Welchen Mehraufwand hattet ihr durch die besonderen Umstände einer Pandemie? Was bedeutet das für die Planung, die Vorbereitung des Equipments etc. ?
Es war ehrlich gesagt ein ziemlicher Wahnsinn. Durch die sich ständig ändernden coronabedingten Einschränkungen war die Teilnahme insbesondere unserer internationalen Fahrtteilnehmer (wir haben übrigens unter elf Wissenschaftlern sechs Nationalitäten an Bord!) bis zuletzt gefährdet. Eine Teilnehmerin konnte leider nicht mitkommen. Zudem war eine durchgehende Kommunikation zwischen Schiffskoordination, Reederei und den zuständigen Gesundheitsämtern notwendig, um auf die Sachlage zu reagieren und eine Durchführung zu gewährleisten. Auch das Packen war durch den beschränkten Zugang zu den Instituten besonders herausfordernd und erforderte auch einiges an hin- und herschicken von Geräten zur Vorbereitung. Hinzu kamen auch höhere als erwartete Logistikkosten, da die Fahrdienste der Institute durch das Dienstreiseverbot nicht zur Verfügung standen. Die Kosten für die notwendige Quarantäne im Hotel sowie die beiden PCR-Tests wurden dankenswerterweise von der AWI-Schiffskoordination übernommen.

Hat sich der Mehraufwand gelohnt?
Auf jeden Fall! Nicht nur der wissenschaftliche Erfolg dieser Reise rechtfertigt den Aufwand, auch die ansteckende Begeisterung und die Kooperation sind nach vielen doch recht einsamen Monaten im Home Office eine große Motivation.

Gab es bei eurer Expedition einen besonderen Moment?
Allein die eindrucksvolle Bergkulisse und die Stille im Fjord im Kontrast zu den hunderten Metern Wassersäule unter dem Schiff bleiben in Erinnerung, vor allem wenn man gewohnt ist nur den blauen Ozean um sich zu haben. Und jeder war begeistert, auf den Bildern seiner jeweiligen Kamera die erste Periphylla zu entdecken. Die an Bord in Kreiseltanks gehälterten Quallen haben alle besonders durch ihre Biolumineszenz in ihren Bann gezogen!

Interview: Sarah Kaehlert

Fahrtleiterteam Klas Ove Möller (HZG) und Helena Hauss (GEOMAR) Foto: Saskia Rühl
FS Heincke im Masfjord beim Bergen einer Verankerung des WireWalker mit einer profilierenden CPICS-Kamera des HZG. Foto: Saskia Rühl
Auslegen einer Sedimentfallenverankerung mit Underwater Vision Profiler (UVP6) und Simrad WBAT. Foto: Helena Hauss
Auslegen einer Sedimentfallenverankerung mit Underwater Vision Profiler (UVP6) und Simrad WBAT. Foto: Helena Hauss
Jan Taucher (GEOMAR) hat bei diesem Einsatz seiner selbst entwickelten PIScO (Plankton Imaging with Scanning Optics), für die es die erste Schiffsexpedition war, nicht nur Bilder ergattert. Foto: Christian Konrad
Jan Taucher (GEOMAR) hat bei diesem Einsatz seiner selbst entwickelten PIScO (Plankton Imaging with Scanning Optics), für die es die erste Schiffsexpedition war, nicht nur Bilder ergattert. Foto: Christian Konrad
Eine große CTD-Rosette wurde zur „Bio-Optical Platform“ ausgerüstet und dient als gemeinsamer Träger für alle Kamerasysteme. Foto: Laetitia Drago
Eine große CTD-Rosette wurde zur „Bio-Optical Platform“ ausgerüstet und dient als gemeinsamer Träger für alle Kamerasysteme. Foto: Laetitia Drago
Periphylla auf einem Video der geschleppten PELAGIOS-Kamera von Henk-Jan Hoving (GEOMAR). Foto: Helena Hauss
Periphylla auf einem Video der geschleppten PELAGIOS-Kamera von Henk-Jan Hoving (GEOMAR). Foto: Helena Hauss
Vanessa Stenvers beginnt gerade ihre Doktorarbeit am GEOMAR und untersucht den Einfluß von Sedimenteintrag auf Periphylla. Die Tiefseequallen sind äußerst lichtempfindlich, daher die Rotlicht-Kopflampe in der ansonsten dunklen Klimakammer. Foto: Helena Hauss
Vanessa Stenvers beginnt gerade ihre Doktorarbeit am GEOMAR und untersucht den Einfluß von Sedimenteintrag auf Periphylla. Die Tiefseequallen sind äußerst lichtempfindlich, daher die Rotlicht-Kopflampe in der ansonsten dunklen Klimakammer. Foto: Helena Hauss