Heizt die Arktis den Klimawandel an?
Internationale Experten für Methanfreisetzung tagen am GEOMAR
Schmelzende Gletscher auf Grönland und tauendes Meereis im Nordpolarmeer – der Klimawandel wirkt sich in der Arktis schon heute messbar aus. Doch wenn sich die globalen Temperaturen weiter verändern, könnten die hohen nördlichen Breiten unseres Planeten selbst zu einem Motor der Erwärmung werden. In den Meeresböden der arktischen Schelfmeere und in den terrestrischen Permafrostböden sind gewaltige Mengen an Methan eingeschlossen. Permafrostböden tauen bereits und setzen Methan in die Atmosphäre frei, wo es als Treibhausgas 20-mal wirkungsvoller ist als Kohlendioxid. Doch wie viel Methan wird insgesamt freigesetzt und wie schnell wird die Freisetzung in Zukunft weiter ansteigen? „Die Arktis umfasst so große Land- und Wasserflächen, dass bisherige Messungen nur Stichproben darstellen“, erklärt Prof. Dr. Jens Greinert vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel und ergänzt: „Außerdem messen russische, amerikanische und europäische Forscher teilweise mit unterschiedlichen Methoden. Um ein Gesamtbild zu erhalten, müssen wir also dafür sorgen, dass die Untersuchungen vergleichbar sind.“
Seit vier Jahren arbeiten deshalb Wissenschaftler aus 23 Nationen in dem von der Europäischen Union geförderten Projekt PERGAMON (PERmafrost and GAs hydrate related methane release in the Arctic and impact on climate change: European cooperation for long-term MONitoring). Dabei werden aktuelle Forschungsergebnisse verschiedenster Fachrichtungen über Methanfreisetzungen in der Arktis zusammengetragen, Techniken zur Überwachung standardisiert und internationale Monitoring-Projekte entwickelt. Am Kieler GEOMAR findet vom 5. bis 7. November 2013 das Abschlusssymposium dieses Projekts mit etwa 100 internationalen Experten statt.
Die Forscher stellen aktuelle Ergebnisse aus Forschungen in der Atmosphäre, an Land, im Ozean und im Eis vor. Für Prof. Dr. Tina Treude, Marine Mikrobiologin am GEOMAR, stellt diese interdisziplinäre Zusammenarbeit einen großen Erfolge von PERGAMON dar: „Bisher haben sich viele Wissenschaftler mit Methan und Methanfreisetzung in der Arktis beschäftigt, aber meistens nur in ihrem jeweiligen Fachbereich. Dank der Kontakte, die wir in PERGAMON knüpfen konnten, bekommen wir ein umfassenderes Verständnis der Prozesse in der Arktis.“
Auch für Dr. Ko van Huissteden von der Freien Universität Amsterdam war vor allem die internationale Zusammenarbeit im PERGAMON-Netzwerk wichtig. „Herausheben möchte ich dabei die Kontakte zu Kollegen in Russland, die wir neu knüpfen konnten. Schließlich sind die gewaltigen Permafrost-Gebiete Sibiriens die bislang größte Quelle von Methanemissionen in der Arktis“, betont der Spezialist für Gasflüsse an Land. Sein Kollege Dr. Torsten Sachs, Spezialist für atmosphärische Methan-Messungen am Helmholtz-Zentrum Potsdam Deutsches Geoforschungszentrum (GFZ), ergänzt: „Für mich war PERGAMON vor allem deshalb gut und wichtig, weil ich als vorher ausschließlich terrestrisch arbeitender Wissenschaftler so die marine Methan-Community kennengelernt habe.“
Ein weiterer Ansatzpunkt des PERGAMON-Projektes war der wissenschaftliche Nachwuchs: „Austauschprogramme, internationale Workshops und Sommerschulen für Doktoranden und Post-Docs haben auch in diesem Bereich die Vernetzung gefördert. Außerdem konnten die jungen Kollegen dabei einheitliche Mess- und Analysemethoden lernen, die dabei helfen, die Forschungen in Zukunft zu vereinheitlichen“, sagt Dr. Ingeborg Bussmann vom Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung.
Das PERGAMON-Projekt endet zwar offiziell mit dem Symposium in Kiel, doch die Forschungen gehen weiter. „Dank des Netzwerkes, das wir in den vergangenen vier Jahren geschaffen haben, sind schon zahlreiche Nachfolgeprojekte entstanden, die in den kommenden Jahren wahrscheinlich spannende Ergebnisse über das arktische Methan bringen werden“, betont Professor Greinert. Die Zeit drängt, denn die Veränderungen in der Umwelt warten nicht.
Bildmaterial in höherer Auflösung:
Das Kieler Forschungsschiff POSEIDON 2011 vor einem Gletscher in Spitzbergen. Im PERGAMON-Projekt haben Meeresforscher und Spezialisten für Methan an Land gemeinsame Expeditionen durchgeführt, um ein allgemeingültigeres Bild von Methanfreisetzungen in der Arktis zu erhalten. Foto: J. Greinert, GEOMAR
Sowohl in den Permafrostböden an Land als auch im Meeresboden der Arktis sind große Mengen an Methan gefangen. Ob sie im Zuge des Klimawandels freigesetzt werden und was das für Folgen haben könnte, das wollen Wissenschaftler verschiedenster Fachrichtungen herausfinden. Foto M. Nicolai, GEOMAR
Ansprechpartner:
Jan Steffen (GEOMAR, Kommunikation & Medien), Tel.: 0431 600-2811, jsteffen(at)geomar.de