Mehr Meeresforscherinnen in Führungspositionen
Erfolgreiche Auftaktveranstaltung des GEOMAR Women’s Executive Boards
Noch vor 40 Jahren waren die Meereswissenschaften eine reine Männerdomäne. Das hat sich mittlerweile grundlegend geändert: Mehr als die Hälfte des wissenschaftlichen Nachwuchses am GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel ist weiblich. Nur bei den höheren wissenschaftlichen Positionen, wie permanenten Wissenschaftlerstellen und Professuren, ist der Frauenanteil nach wie vor gering.
Das zu ändern hat sich das dieses Jahr gegründete GEOMAR Women’s Executive Board (WEB), ein Zusammenschluss der weiblichen Führungskräfte mit Personalverantwortung des GEOMAR, vorgenommen. „Ziel des WEBs ist es, ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis bei unbefristeten Wissenschaftlerstellen und Führungspositionen zu erreichen“, sagt Prof. Dr. Katja Matthes, Vorstandsvorsitzende des WEBs. Aus diesem Grund unterstützt das Gremium Frauen bei der Planung ihrer Karrieren.
Am GEOMAR selbst gibt es auf einigen Ebenen bereits ein sehr ausgewogenes Verhältnis von Männern und Frauen. Dazu gehören die Doktorandinnen, befristeten Postdoktorandinnen sowie Juniorprofessorinnen. Der Anteil der Frauen liegt hier jeweils zwischen 40 und 53 Prozent. Auf anderen Positionen, wie etwa bei unbefristeten Wissenschaftlerstellen und Professuren, sind nur zwischen acht und 21 Prozent der Stellen mit Frauen besetzt. „Diese Lücken zu füllen, Frauen auf ihrem Weg zu unterstützen und zu fördern, hat sich das WEB zum Ziel gesetzt“, so Prof. Dr. Matthes. „Gerade die bereits hohen Anteile von Frauen auf den unteren Ebenen sind eine tolle Motivation, es auch auf den oberen Ebenen zu schaffen. Gerade weil wir wissen, dass die Wissenschaftlerinnen dies auch wollen“, findet Dr. Schmidt.
Um die beruflichen Erfolge von Wissenschaftlerinnen zu präsentieren und um eine Vernetzungsmöglichkeit der Frauen untereinander zu bieten, hat das WEB unter anderem die „Marie Tharp Lecture Series for Ocean Research“ ins Leben gerufen. Vorbild und Leitfigur der Vortragsreihe ist die 2006 verstorbene Geologin und Kartographin Marie Tharp. Die US-amerikanische Wissenschaftlerin hat sich hauptsächlich mit der Vermessung von Meeresböden beschäftigt. Tharp war diejenige, die trotz ungenauer Daten und fehlender Werte eine in höchstem Maße genaue Karte des mittelatlantischen Rückens beziehungsweise der mittelozeanischen Rücken allgemein erstellte. Die ersten Auszeichnungen dafür erhielt jedoch ihr Lebensgefährte, der Geologe Bruce Charles Heezen. „Erst Ende der 1990er wurde bekannt, dass Tharp mit Entdeckung der Mittelatlantischen Rücken die entscheidenden Erkenntnisse hatte und so zur Akzeptanz der Theorie der Plattentektonik beitrug“, erzählt Dr. Schmidt, Leiterin der Wissenschaftskoordination beim GEOMAR und WEB-Mitglied. Heute ist die Karte unter dem Namen Heezen-Tharp-Karte bekannt.
Gestern fand nun die erste Veranstaltung dieser neuen Vortragsreihe statt: „Particles in the Sea: What, Where, When & Why?“ hieß der Vortrag von Prof. Dr. Cindy Lee, zu dem knapp 100 Zuhörer – Frauen, aber auch Männer – erschienen. Professor Lee ist eine renommierte US-amerikanischen Meereschemikerin von der School of Marine and Atmospheric Sciences der Stony Brook University in New York. Aus ihrer Sicht ist es besonders wichtig, dass Wissenschaftlerinnen ein Netzwerk bilden, in dem man sich kennt. Lee, die unter anderem auch ein Jahr in Bremen geforscht hat, sagt: „In Deutschland ist es für eine Frau sehr viel schwieriger eine Karriere in der Wissenschaft zu machen, als in Amerika.“
Im Anschluss an den öffentlichen Teil des Vortrags trafen sich die teilnehmenden Frauen zu einem geschlossenen „Get-Together“. Hier hatten sie die Möglichkeit über Karrierepfade zu diskutieren sowie Erfahrungen und Ideen auszutauschen. „Gerade dieser Austausch und das Gespräch über die eigenen Karrierewege ist sehr wichtig“, betont Prof. Dr. Anja Engel, Leiterin des GEOMAR-Forschungsbereiches Marine Biogeochemie und WEB-Mitglied. „Doktorandinnen und Postdocs haben oft noch kein konkretes Bild von ihrer Karriere, wie sie Familie und Karriere miteinander vereinbaren können und welche Unterstützungsmaßnahmen es bereits gibt. Viel zu oft fehlen auch Identifikationsfiguren“, so Engel. „Diese wollen wir mit der Lecture Series näherbringen. Generell haben wir in der Helmholtz-Gemeinschaft gemerkt, dass solche Maßnahmen sehr zielführend sind.“
Der nächste Vortrag im Rahmen der GEOMAR Marie Tharp Lecture Series for Ocean Research findet am 29. November 2013 statt. Thema der Meeresbiologin Prof. Dr. Heike Lotze aus Kanada: “Lessons from the past: How historical changes in the sea affect marine ecosystems today”.
Bildmaterial in höherer Auflösung:
Prof. Dr. Cindy Lee referiert über "Particles in the Sea: What, Where, When, & Why?". Foto: GEOMAR
Michael Wagner, Verwaltungsdirektor des GEOMAR, eröffnet die Veranstaltung. Foto: GEOMAR
Ansprechpartner:
Jan Steffen (GEOMAR, Kommunikation & Medien), Tel.: 0431 600-2811, jsteffen(at)geomar.de