Eine Gruppe Korallen, erfasst am Humpback Seamount. Während der Expedition entdeckten die Forscher Korallengärten, hydrothermale Schlote und viele neue Arten, darunter Korallen, Schwämme, Schnecken, Seeigel und Seesterne. Foto: Schmidt Ocean Institute

Während des letzten Tauchgangs der Expedition sammelte das Wissenschaftsteam mit dem Tauchroboter ROV SuBastian biologische und geologische Proben. Hier bearbeitet das GoSouth-Team Bohrkerne. Im Bild: Tea Isler (Wissenschaftlerin, Alfred-Wegener-Institut). Foto: Schmidt Ocean Institute

Eine Nacktschnecke in 268 Metern Tiefe auf der Ostseite von Montagu Island bei Temperaturen von +0,35°C. Nacktschnecken sind Meeresschnecken mit weichem Körper, die für ihre leuchtenden Farben und komplexen Formen bekannt sind. Foto: Schmidt Ocean Institute

Das Forschungsschiff Falkor (too) führt Untersuchungen vor den Südlichen Sandwichinseln durch, unter anderem in der Nähe von Montagu Island. Das Gebiet der Südlichen Sandwichinseln ist vulkanisch äußerst aktiv. Foto: Schmidt Ocean Institute

Jialing Cai (Ozeanzensus-Fotografin) im hydrologischen Labor, wo das Team Proben fotografiert. Foto: Schmidt Ocean Institute

Die Forschenden entdeckten hydrothermale Schlote in 700 Metern Tiefe an der Nordostseite der Quest Caldera vor den Südlichen Sandwichinseln. Der höchste Schlot war vier Meter hoch und mit einer Vielzahl von Lebewesen, darunter Meeresschnecken und Seepocken, bedeckt. Foto: Schmidt Ocean Institute

Dies sind die allerersten Aufnahmen von Akarotaxis aff. gouldae, einer erst vor zwei Jahren entdeckten Drachenfischart. Ihre Dokumentation während dieser Expedition vor den Südlichen Sandwichinseln bietet wertvolle Einblicke in die biologische Vielfalt der Tiefsee in dieser abgelegenen Region. Foto: Schmidt Ocean Institute

Bei der Erforschung von Unterwassergebirgen und des Süd-Sandwich-Grabens – einer der kältesten und isoliertesten Unterwasserrinnen der Welt – fanden die Forschenden heraus, dass die Schneckenfischeier auf einer schwarzen Koralle abgelegt worden waren, ein bisher unbekanntes Verhalten. Foto: Schmidt Ocean Institute

Im Kontrollraum des Forschungsschiffs Falkor (too) bestaunen die leitende Wissenschaftlerin Michelle Taylor (Universität Essex) und die Wissenschaftlerin Tea Isler (Alfred-Wegener-Institut) eine riesige Koralle – möglicherweise über tausend Jahre alt – die bei einem Tauchgang mit einem ferngesteuerten Tauchroboter (ROV) an der Nordostseite der Quest Caldera vor den Südlichen Sandwichinseln entdeckt wurde. Foto: Schmidt Ocean Institute

Neue Korallengärten und Hydrothermalquellen in den eisigen Tiefen der abgelegenen Südlichen Sandwichinseln entdeckt

Eine Ozeanzensus-Flaggschiff-Expedition und ein Team von Wissenschaftler:innen der GoSouth-Expedition entdeckten neue Arten, machten einen der flachsten Hydrothermalschlote der Inselkette aus und erforschten den tiefsten Graben im Südlichen Ozean

Palo Alto, Kalifornien, USA: Ein internationales Team von Wissenschaftler:innen hat auf einer 35-tägigen Tiefseeexpedition zu einer der entlegensten Inselketten der Welt gedeihende polare Ökosysteme erforscht, neue hydrothermale Quellen und Korallengärten sowie diverse mutmaßlich neue Arten entdeckt. Die Ozeanzensus-Flaggschiff-Expedition an Bord des Forschungsschiffs Falkor des Schmidt Ocean Institute erforschte die Südlichen Sandwichinseln, darunter einen der kältesten und isoliertesten unterseeischen Gräben der Welt, und fand Hinweise auf explosiven Vulkanismus. Auf dieser Expedition wurde auch die erste bestätigte Sichtung eines jungen Riesenkalmares gefilmt.

Die Expedition war Teil des Nekton-Ozeanzensus-Programms der Nippon-Stiftung, der weltweit größten Initiative zur Beschleunigung der Entdeckung von Meereslebewesen. Die Wissenschaftler:innen von Ozeanzensus waren federführend bei der Entdeckung von Arten. Sie bestimmten eine Vielzahl potenziell noch nicht erfasster Meereslebewesen – darunter Korallen, Schwämme, Schnecken, Seeigel, benthische Ctenophoren (bodenlebende Rippen-, bzw. Kammquallen) und Seesterne. Die genaue Zahl der neuen Arten wird im Laufe des Jahres nach einem Ozeanzensus-Workshop bekannt gegeben, bei dem taxonomische Expert:innen die Ergebnisse offiziell einordnen und katalogisieren. Das GoSouth-Team – eine Zusammenarbeit zwischen der Universität von Plymouth (UK), dem GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel (Deutschland) und dem British Antarctic Survey (UK) – untersuchte die Auswirkungen von Georisiken wie Tsunamis, Vulkanen und Erdbeben.

„Diese Expedition hat uns einen Einblick in einen der entlegensten und biologisch artenreichsten Teile unseres Ozeans gegeben. Genau deswegen gibt es den Ozeanzensus – um unser Verständnis über das Leben im Meer zu erweitern, bevor es zu spät ist“, sagte Dr. Michelle Taylor, wissenschaftliche Leiterin und Expeditionsleiterin beim Ozeanzensus sowie Dozentin an der Universität Essex. „Die 35 Tage auf See waren eine aufregende Achterbahnfahrt wissenschaftlicher Entdeckungen. Deren Auswirkungen werden noch viele Jahre lang zu spüren sein, während die Erkenntnisse in Managementmaßnahmen umgesetzt werden.“

Mutter Natur hat der Expedition alles abverlangt, so Taylor, einschließlich eines Unterwasser-Erdbebens, tropischer Stürme mit Böen auf Orkan-Niveau, acht Meter hoher Wellen und Eisbergen, die es zu umschiffen galt.

Die im Südatlantik gelegenen Südlichen Sandwichinseln sind Teil eines reichhaltigen Mosaiks von geologischen Merkmalen wie Gräben in der Hadalzone, Unterwasservulkanen und Spreizungszentren – Merkmale, die durch tektonische Kräfte entstanden sind und die Entwicklung von Arten begünstigt haben, die nirgendwo sonst auf der Erde vorkommen. Das Forschungsschiff benötigte acht Tage, um vom chilenischen Hafen Punta Arenas zu den Inseln zu gelangen.

Das GoSouth-Team unter der wissenschaftlichen Co-Leitung Dr. Jenny Gales entdeckte zwei Pockennarben in den Kartierungsdaten einer Unterwasser-Caldera – einer schüsselförmigen Vertiefung im Meeresboden, die nach einem Vulkanausbruch entsteht. Pockennarben können auf hydrothermale Aktivität hinweisen. In einem „verschachtelten“ Ansatz setzte das Team das ferngesteuerte Fahrzeug SuBastian des Schmidt Ocean Institute ein, um die Pockennarben mit höherer Auflösung zu kartieren und das Vorhandensein von Schloten zu bestätigen. Die verschachtelte Kartierung ist das Konzept, von großen Kartenbereichen mit geringerem Detailgrad zu kleineren Bereichen mit höherem Detailgrad hinzuarbeiten.

Die größere Pockennarbe enthielt drei hydrothermale Schlote, die kleinere nur einen. Sie befinden sich in 700 Metern Tiefe und gehören zu den flachsten hydrothermalen Schloten, die in der Nähe der Südlichen Sandwichinseln entdeckt wurden, und sind die einzigen, die mit einem ferngesteuerten Fahrzeug erkundet wurden. Der höchste Schornstein war vier Meter hoch und damit etwa so hoch wie ein Basketballkorb. Jeder Schlot war mit einer Vielzahl von Lebewesen bedeckt, die von Chemosynthese abhängig sind, darunter Meeresschnecken und Seepocken. Blühende Korallengärten und große Schwämme wurden in unmittelbarer Nähe der Schlote gefunden – eine ungewöhnliche Beobachtung, so Taylor.

„Die Entdeckung dieser hydrothermalen Schlote war ein magischer Moment, da sie hier noch nie zuvor gesichtet wurden“, sagte Gales, Assoziierter Professor für Meeresforschung an der Universität Plymouth (UK). „Es ist eine unglaubliche Entdeckung, die wertvolle Einblicke in die tektonischen Aktivitäten in diesem Gebiet erlaubt. Eine solche Entdeckung ist selten. Sie hebt noch einmal hervor, wie wichtig die Erforschung der Ozeane und die Kartierung des Meeresbodens sind“.

Neben den Schloten gab es weitere bemerkenswerte Erkenntnisse während der Expedition:

  • Im Graben fanden die Wissenschaftler:innen Schneckenfischeier, die auf einer schwarzen Koralle abgelegt worden waren, sowie eine mögliche neue Seegurkenart;
  • große Bimssteinblöcke, die darauf hinweisen, dass die Südlichen Sandwichinseln zu explosivem Vulkanismus fähig sind;

  • ein vitaler Korallengarten westlich von Saunders Island in einer Tiefe von 120 Metern;

  • die ersten Aufnahmen von Akarotaxis aff. gouldae, einer vor zwei Jahren entdeckten Drachenfischart.

„Die herausfordernden Meeres- und Wetterbedingungen und die isolierte Lage der Südlichen Sandwich-Inseln regen die Phantasie der kühnsten Entdecker an – oft waren die dem Schiff nächstgelegenen Menschen die auf der Internationalen Raumstation“, sagte Dr. Jyotika Virmani, geschäftsführender Direktor des Schmidt Ocean Institute. „Wir sind stolz, Ozeanzensus in ihrem Auftrag unterstützt zu haben, die Erfassung von Leben im Meer voranzubringen, sowie GoSouth in ihrem Bestreben, die geologische Beschaffenheit dieser dynamischen Ecke der Welt besser zu verstehen.“

 

Ansprechperson:
Dr. Tom Kwasnitschka, tkwasnitschka(at)geomar.de

Korallen

Eine Gruppe Korallen, erfasst am Humpback Seamount. Während der Expedition entdeckten die Forscher Korallengärten, hydrothermale Schlote und viele neue Arten, darunter Korallen, Schwämme, Schnecken, Seeigel und Seesterne. Foto: Schmidt Ocean Institute

Tea Isler

Während des letzten Tauchgangs der Expedition sammelte das Wissenschaftsteam mit dem Tauchroboter ROV SuBastian biologische und geologische Proben. Hier bearbeitet das GoSouth-Team Bohrkerne. Im Bild: Tea Isler (Wissenschaftlerin, Alfred-Wegener-Institut). Foto: Schmidt Ocean Institute

Meeresschnecke

Eine Nacktschnecke in 268 Metern Tiefe auf der Ostseite von Montagu Island bei Temperaturen von +0,35°C. Nacktschnecken sind Meeresschnecken mit weichem Körper, die für ihre leuchtenden Farben und komplexen Formen bekannt sind. Foto: Schmidt Ocean Institute

Forschungsschiff Falkor vor einem Vulkan

Das Forschungsschiff Falkor (too) führt Untersuchungen vor den Südlichen Sandwichinseln durch, unter anderem in der Nähe von Montagu Island. Das Gebiet der Südlichen Sandwichinseln ist vulkanisch äußerst aktiv. Foto: Schmidt Ocean Institute

Jialing Cai mit Kamera

Jialing Cai (Ozeanzensus-Fotografin) im hydrologischen Labor, wo das Team Proben fotografiert. Foto: Schmidt Ocean Institute

Hydrothermaler Schlot

Die Forschenden entdeckten hydrothermale Schlote in 700 Metern Tiefe an der Nordostseite der Quest Caldera vor den Südlichen Sandwichinseln. Der höchste Schlot war vier Meter hoch und mit einer Vielzahl von Lebewesen, darunter Meeresschnecken und Seepocken, bedeckt. Foto: Schmidt Ocean Institute

Drachenfisch Akarotaxis aff. gouldae

Dies sind die allerersten Aufnahmen von Akarotaxis aff. gouldae, einer erst vor zwei Jahren entdeckten Drachenfischart. Ihre Dokumentation während dieser Expedition vor den Südlichen Sandwichinseln bietet wertvolle Einblicke in die biologische Vielfalt der Tiefsee in dieser abgelegenen Region. Foto: Schmidt Ocean Institute

Schneckenfischeier auf einer schwarzen Koralle

Bei der Erforschung von Unterwassergebirgen und des Süd-Sandwich-Grabens – einer der kältesten und isoliertesten Unterwasserrinnen der Welt – fanden die Forschenden heraus, dass die Schneckenfischeier auf einer schwarzen Koralle abgelegt worden waren, ein bisher unbekanntes Verhalten. Foto: Schmidt Ocean Institute

Kontrollraum des Forschungsschiffs Falkor (too)

Im Kontrollraum des Forschungsschiffs Falkor (too) bestaunen die leitende Wissenschaftlerin Michelle Taylor (Universität Essex) und die Wissenschaftlerin Tea Isler (Alfred-Wegener-Institut) eine riesige Koralle – möglicherweise über tausend Jahre alt – die bei einem Tauchgang mit einem ferngesteuerten Tauchroboter (ROV) an der Nordostseite der Quest Caldera vor den Südlichen Sandwichinseln entdeckt wurde. Foto: Schmidt Ocean Institute