Zu den von der Ozeanversauerung besonders bedrohten Arten gehört die Kaltwasserkoralle Lophelia pertusa, hier im Oslofjord (Norwegen) vom Tauchboot JAGO aus fotografiert. Foto: Karen Hissmann, IFM-GEOMAR
Eine Kaltwaserkoralle Lophelia pertusa in den Kulturräumen des IFM-GEOMAR. Werden die Meere saurer, können Korallen voraussichtlich ihre Kalkskelette nicht mehr richtig bilden. Ganze Ökosysteme wären bedroht. Foto: Armin Form, IFM-GEOMAR

Startschuss für BIOACID

Weltweit erstes nationales Forschungsprogramm zur Ozeanversauerung

01.09.2009/Kiel. Kohlendioxid lässt nicht nur die Temperaturen in der Atmosphäre steigen, sondern auch die Ozeane saurer werden. Erst vor wenigen Jahren sind Meereswissenschaftler auf diese Entwicklung aufmerksam geworden. Die weitreichenden Folgen für Organismen – von winzigen Einzellern über Korallen und Fischen bis hin zu Walen – werden nun fieberhaft erforscht. Mit BIOACID übernimmt Deutschland eine Vorreiterrolle in der internationalen Meeresforschung. Federführend für das Projekt ist das Leibniz-Institut für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR) in Kiel.

BIOACID – der Name ist Programm. Die Bezeichnung des neuen vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit 8,5 Millionen Euro geförderten Verbundprojekts kommt von der englischen Abkürzung für Biological Impacts of Ocean ACIDification. Der Begriff umschreibt die zwei großen Schwerpunkte: „ACID“ ist der englische Begriff für Säure und „BIO“ steht für Biologie, also die Lebewesen im Meer. Am 1. September nehmen über 100 Wissenschaftler und Techniker aus 14 Partnerinstitutionen sowie einem Unternehmen aus dem Bereich der Sensortechnologie ihre Arbeit in BIOACID auf. Professor Ulf Riebesell, Meeresbiologe am IFM-GEOMAR und Koordinator des Verbundprojekts, freut sich auf die Herausforderung: „Mit BIOACID wird der hohe Stellenwert der Klimafolgenforschung in Deutschland deutlich, in diesem Fall die Auswirkungen auf die Ozeane und seine Bewohner. Mit dieser Förderung können wir ganz neue Wege in der Erforschung eines hochaktuellen Themas bestreiten.“

Die zunehmende Versauerung der Ozeane durch von Menschen gemachtes Kohlendioxid lässt sich bereits heute zweifelsfrei belegen. Die Geschwindigkeit, mit der der Säuregrad des Meerwassers aktuell steigt, ist dabei beispiellos in den vergangenen 20 Millionen Jahren. Welche weitreichenden Konsequenzen dieser Prozess für die Ökosysteme im Meer und damit auch für den Menschen birgt, ist allerdings noch weitgehend unklar. Von der Fischerei bis hin zum Tourismus – viele Wirtschaftsbranchen, die ihren Lebensunterhalt vom Meer erzielen, werden von der Entwicklung betroffen sein.

Unter dem Dach von BIOACID werden Meeresbiologen, -chemiker und -physiker sowie Molekularbiologen, Paläontologen, Mediziner und Mathematiker zu verschiedenen Aspekten der Ozeanversauerung kooperieren. Auf dem Gebiet der Meerestechnik werden Ingenieure hochpräzise Messmethoden entwickeln. Die Forschungsaktivitäten konzentrieren sich dabei auf die Heimatmeere Nord- und Ostsee, sowie durch Ozeanversauerung besonders bedrohte Ökosysteme der Polargebiete und der Tropen. Ein beträchtlicher Teil der Finanzierung fließt in die Qualifizierung von Nachwuchswissenschaftlern. Das Verbundprojekt ist zunächst über einen Zeitraum von drei Jahren angelegt. Von der Gesamtfördersumme fließen 2,5 Millionen Euro an das Kieler Leibniz-Institut für Meereswissenschaften.

Das deutsche Verbundprojekt wird mit einem in Großbritannien im Jahr 2010 beginnenden nationalen Forschungsprogramm zur Ozeanversauerung eng zusammenarbeiten. Auch in den USA ist man bemüht, das dort in Vorbereitung befindliche Forschungsprogramm zur Ozeanversauerung mit den europäischen Programmen abzustimmen und zu vernetzen. Dass Deutschland bei der Erforschung der Ozeanversauerung eine Vorreiterrolle einnimmt, kommt nicht von ungefähr. Bereits 2006 hat der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) in einem Sondergutachten auf die Gefährdung der marinen Ökosysteme durch die zunehmende Versauerung des Meeres hingewiesen. Auch bei der Entwicklung und Umsetzung des EU Projekts zur Ozeanversauerung, EPOCA, spielen deutsche Wissenschaftler eine führende Rolle.

Projektpartner:
Koordination: Leibniz-Institut für Meereswissenschaften IFM-GEOMAR, Kiel
Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung, Bremerhaven
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
Heinrich-Heine-Universität, Düsseldorf
Jacobs-University, Bremen
Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei, Berlin
Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde
Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie, Bremen
PreSens Precision Sensing GmbH, Regensburg
Ruhr-Universität Bochum
Universität Bremen
Universität Hamburg
Universität Rostock
Westfälische Wilhelms - Universität Münster

Ansprechpartner:
Dr. Andreas Villwock (Öffentlichkeitsarbeit), Tel. 0431 600-2802, avillwock@geomar.de 

Zu den von der Ozeanversauerung besonders bedrohten Arten gehört die Kaltwasserkoralle Lophelia pertusa, hier im Oslofjord (Norwegen) vom Tauchboot JAGO aus fotografiert. Foto: Karen Hissmann, IFM-GEOMAR
Zu den von der Ozeanversauerung besonders bedrohten Arten gehört die Kaltwasserkoralle Lophelia pertusa, hier im Oslofjord (Norwegen) vom Tauchboot JAGO aus fotografiert. Foto: Karen Hissmann, IFM-GEOMAR
Eine Kaltwaserkoralle Lophelia pertusa in den Kulturräumen des IFM-GEOMAR. Werden die Meere saurer, können Korallen voraussichtlich ihre Kalkskelette nicht mehr richtig bilden. Ganze Ökosysteme wären bedroht. Foto: Armin Form, IFM-GEOMAR
Eine Kaltwaserkoralle Lophelia pertusa in den Kulturräumen des IFM-GEOMAR. Werden die Meere saurer, können Korallen voraussichtlich ihre Kalkskelette nicht mehr richtig bilden. Ganze Ökosysteme wären bedroht. Foto: Armin Form, IFM-GEOMAR