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Spuren einer Hangrutschung: Judith Elger (links) und Morelia Urlaub schauen sich einen Sedimentkern an, der Spuren der Hinlopen-Hangrutschung zeigt. Foto: Jan Steffen, GEOMAR
Mariner Diatomenschlamm unter einem Rasterelektronenmikroskop. Foto: Gauvain Wiemer und Ricarda Dziadec, MARUM
Schematische Darstellung, wie stabile Gashydrate indirekt eine Hangrutschung auslösen können: Gas und Flüssigkeiten sammeln sich unter der Gashydratstabilitätszone (GHSZ) und sorgen für Überdruck (A). Wird er zu groß, bahnen sie sich einen eigenen Weg durch die Gasyhdrate Richtung Meeresboden (B). Dort können sie weichere Sedimentschichten destabilisieren und ins Rutschen bringen (C). From: Elger et al. (2018): Submarine slope failure due to pipe structure formation. Nature Communications (CC BY 4.0)

Warum der Meeresboden in Bewegung gerät

Mögliche Ursachen für submarine Hangrutschungen

Genau wie an Land können auch unter Wasser Hänge ins Rutschen geraten. Doch die Ausmaße von Hangrutschungen in den Ozeanen übersteigen die von denjenigen an Land oft deutlich. Außerdem können submarine Rutschungen Tsunamis auslösen, die an den benachbarten Küsten erhebliche Schäden anrichten. Die Ursachen für solche Hangrutschungen im Meer sind bisher kaum bekannt. Forschende des GEOMAR konnten jetzt vor der Küste Nordwestafrikas und nördlich Spitzbergens zwei mögliche Auslöser identifizieren. Die entsprechenden Studien sind in den Zeitschriften Geology und Nature Communications erschienen.

„Die Suche nach den Ursachen ist sehr schwierig. Denn die Spuren der Rutschungen sind unter mehreren hundert oder tausend Metern Wasser verborgen. Und die Schicht, in der der Hang zuerst nachgibt, wird beim Erdrutsch meist zerstört“, erklärt Dr. Morelia Urlaub, Erstautorin der Geology-Studie, die sich mit einer fossilen Rutschung vor dem Cap Blanc in Mauritanien beschäftigte. Dort waren Teile des Hanges glücklicherweise noch intakt. Genau dort hatte in den 1980er Jahren das Ocean Drilling Program (heute: International Ocean Discovery Program) eine Bohrung vorgenommen.

Die Kombination dieser Proben mit seismischen Daten zeigte, dass der Hang genau dort nachgab, wo Schlamm aus den Überresten von Diatomeen von einer Tonschicht überlagert wurde. „Genau diese Abfolge finden wir häufiger vor Westafrika, wo auch zahlreiche Spuren von Hangrutschungen bekannt sind. Wir nehmen an, dass sie auch für andere Rutschungen in der Region verantwortlich ist“, sagt Morelia Urlaub.
Dr. Judith Elger, Erstautorin der Nature-Communications-Studie, beschäftigte sich dagegen mit der verbreiteten Theorie, dass Gashydrate im Meeresboden in Folge einer Erwärmung instabil werden und so Hangrutschungen verursachen. „Doch es gibt eine Ungereimtheit. Wenn steigende Wassertemperaturen Gashydrate destabilisieren, dann zuerst im oberen Bereich der Kontinentalhänge. Die meisten Rutschungen, deren Spuren wir kennen, wurden tiefer ausgelöst“, erklärt Elger.

Im Rahmen ihrer Doktorarbeit hat sie sich seismische Daten der Hinlopen-Rutschung nördlich von Spitzbergen angesehen und Vorgänge im Meeresboden in einem Computermodell nachvollzogen. Dabei kam heraus, dass Gashydrate eine feste, undurchlässige Schicht im Meeresboden bilden können. Darunter sammeln sich freies Gas und Flüssigkeiten. Es entsteht ein Überdruck, bis die Hydratschicht nicht mehr standhält. In den entstehenden Rissen steigen freies Gas und Flüssigkeiten schnell Richtung Meeresboden auf. Dort treffen sie auf weniger stabiles Sediment und setzen es in Bewegung. „Dieser klimatisch unabhängige Prozess ist bei der Hinlopen-Rutschung eine realistische Möglichkeit“, so Dr. Elger.

Doch noch sind viele Fragen offen und nicht alle Prozesse bekannt, die zu Rutschungen im Meer führen können. „Wegen der Gefahren, die von ihnen auch für Menschen ausgehen, ist es wichtig, dass wir das Phänomen besser verstehen. Deshalb sind Hangrutschungen für uns ein Schwerpunkt, den wir am GEOMAR in enger Kooperation unter anderem mit der Arbeitsgruppe von Professor Sebastian Krastel an der Uni Kiel bearbeiten“, erklärt Dr. Urlaub. 

 

Weitere Informationen:

www.geomar.de/n5737

www.geomar.de/n5749

Spuren einer Hangrutschung: Judith Elger (links) und Morelia Urlaub schauen sich einen Sedimentkern an, der Spuren der Hinlopen-Hangrutschung zeigt. Foto: Jan Steffen, GEOMAR
Spuren einer Hangrutschung: Judith Elger (links) und Morelia Urlaub schauen sich einen Sedimentkern an, der Spuren der Hinlopen-Hangrutschung zeigt. Foto: Jan Steffen, GEOMAR
Mariner Diatomenschlamm unter einem Rasterelektronenmikroskop. Foto: Gauvain Wiemer und Ricarda Dziadec, MARUM
Mariner Diatomenschlamm unter einem Rasterelektronenmikroskop. Foto: Gauvain Wiemer und Ricarda Dziadec, MARUM
Schematische Darstellung, wie stabile Gashydrate indirekt eine Hangrutschung auslösen können: Gas und Flüssigkeiten sammeln sich unter der Gashydratstabilitätszone (GHSZ) und sorgen für Überdruck (A). Wird er zu groß, bahnen sie sich einen eigenen Weg durch die Gasyhdrate Richtung Meeresboden (B). Dort können sie weichere Sedimentschichten destabilisieren und ins Rutschen bringen (C). From: Elger et al. (2018): Submarine slope failure due to pipe structure formation. Nature Communications (CC BY 4.0)
Schematische Darstellung, wie stabile Gashydrate indirekt eine Hangrutschung auslösen können: Gas und Flüssigkeiten sammeln sich unter der Gashydratstabilitätszone (GHSZ) und sorgen für Überdruck (A). Wird er zu groß, bahnen sie sich einen eigenen Weg durch die Gasyhdrate Richtung Meeresboden (B). Dort können sie weichere Sedimentschichten destabilisieren und ins Rutschen bringen (C). From: Elger et al. (2018): Submarine slope failure due to pipe structure formation. Nature Communications (CC BY 4.0)
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