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Der Ostseeraum kann als Modellregion für Veränderungen im Weltozean dienen. Grafik: Christoph Kersten/GEOMAR
Während der ALKOR-Expedition AL509 wurden Wasserproben in unterschiedlichen Tiefen genommen. Foto: Thorsten Reusch / GEOMAR
Bei den Proben kann man gut erkennen, das ab einer Tiefe ab 65 Metern das Wasser plötzlich klar wird. Dies bedeutet, das mangels Sauerstoff hier kaum noch Zooplankton mehr vorhanden ist (rechte Flaschen). Foto: Thorsten Reusch / GEOMAR

Zeitmaschine Ostsee

Plädoyer für das Randmeer als Modellregion für den Weltozean

Auf den ersten Blick scheint die Ostsee für die Ozeanforschung eher uninteressant zu sein. Das Randmeer ist vergleichsweise flach, hat einen niedrigen Salzgehalt und nur eine sehr schmale Verbindung zum Nordatlantik. Doch wie so oft trügt der erste Blick. 26 Autorinnen und Autoren von 21 wissenschaftlichen Einrichtungen in sieben Ländern haben sich in der internationalen Fachzeitschrift Science Advances nun sogar dafür ausgesprochen, den Ostseeraum als Modellregion für Entwicklungen im Weltozean zu nutzen.

„Dieses einzigartige Brackwassermeer kann als eine Art Zeitmaschine dienen, die uns zukünftige globale Entwicklungen besser abschätzen lässt“, sagt Prof. Dr. Thorsten Reusch vom GEOMAR, einer der Leitautoren des Artikels. Die Forscherinnen und Forscher argumentieren, dass die Ostsee vielen anderen Gebieten in der Entwicklung zeitlich voraus ist. „Das heißt, dass Veränderungen, die im Weltozean erst für die Zukunft erwartet werden, bereits eingetroffen sind. Die besondere Situation der Ostsee, mit ihrem geringen Wasservolumen und langsamen Wasseraustausch mit dem offenen Ozean, wirkt hier wie ein Verstärker, der viele Prozesse schneller ablaufen lässt“, betont Dr. Jan Dierking vom GEOMAR, der die Studie zusammen mit Professor Reusch initiiert hat.

Ein Beispiel dafür sind die Wassertemperaturen. Während sich die Ozeane in den vergangenen 30 Jahren um durchschnittlich 0,5°C Celsius erwärmt haben, verzeichnen Messreihen in der Ostsee im selben Zeitraum eine Erwärmung um etwa 1,5°C. Es gibt ausgeprägte, sauerstofffreie Zonen in den tiefen Bereichen der Ostsee, die sich im vergangenen Jahrhundert in ihrer Ausdehnung verzehnfacht haben. Ferner erreicht der pH-Wert des Wassers bereits heute regelmäßig Werte, die im Zuge der Ozeanversauerung in tieferen Ozeanen erst im nächsten Jahrhundert erwartet werden. Die Ostseeküsten sind dicht besiedelt und werden intensiv genutzt. Eine ebenso intensive Fischerei übt Druck auf die wenigen, in der Ostsee heimischen Fischarten aus.

Gleichzeitig gehört die Ostsee aber auch zu den am besten erforschten Meeren der Erde. Zu vielen Aspekten liegen verlässliche Daten vor, die einen Zeitraum von einhundert und mehr Jahren abdecken. „Das ist nur in wenigen Regionen der Erde der Fall“, betont Professor Reusch. Erst im Mai leitete der Kieler Wissenschaftler eine Expedition mit dem Forschungsschiff ALKOR, die eine Zeitserie zum Ökosystem der offenen Ostsee fortführt.

Diese gute Datenlage und kontinuierliche weitere Forschung machen es möglich, dass die Ostsee auch Beispiele für gelungenes Umwelt-Management in einem komplexen politischen Umfeld bietet. So haben die Anrainer es geschafft, die bis dahin viel zu hohen Nährstoffeinträge ab den 1980er Jahren deutlich zu reduzieren. Im Bereich der Fischerei, beim Schutz von Meeressäugern und von Vogelbeständen haben internationale Bemühungen ebenso zu einem besseren Management der vorhandenen Bestände geführt. „Deshalb sind wir überzeugt, dass die Ostsee als Modellregion dazu beitragen kann, Punkt 14 der Nachhaltigkeitsagenda der Vereinten Nationen zu erreichen, nämlich die Bewahrung und nachhaltige Nutzung der Ozeane, Meere und Meeresressourcen“, fasst Jan Dierking zusammen.


Mehr unter
: www.geomar.de/n5883

Kurzvideo zur Modellregion Ostsee:
https://youtu.be/8ZOuMqkCH-I

Der Ostseeraum kann als Modellregion für Veränderungen im Weltozean dienen. Grafik: Christoph Kersten/GEOMAR
Der Ostseeraum kann als Modellregion für Veränderungen im Weltozean dienen. Grafik: Christoph Kersten/GEOMAR
Während der ALKOR-Expedition AL509 wurden Wasserproben in unterschiedlichen Tiefen genommen. Foto: Thorsten Reusch / GEOMAR
Während der ALKOR-Expedition AL509 wurden Wasserproben in unterschiedlichen Tiefen genommen. Foto: Thorsten Reusch / GEOMAR
Bei den Proben kann man gut erkennen, das ab einer Tiefe ab 65 Metern das Wasser plötzlich klar wird. Dies bedeutet, das mangels Sauerstoff hier kaum noch Zooplankton mehr vorhanden ist (rechte Flaschen).  Foto: Thorsten Reusch / GEOMAR
Bei den Proben kann man gut erkennen, das ab einer Tiefe ab 65 Metern das Wasser plötzlich klar wird. Dies bedeutet, das mangels Sauerstoff hier kaum noch Zooplankton mehr vorhanden ist (rechte Flaschen). Foto: Thorsten Reusch / GEOMAR
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