Anna Niewerth
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– Gemeinsame Pressemitteilung der Verbraucherzentralen, des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel, der Deutschen Umwelthilfe, des Naturschutzbunds Deutschland und des World Wide Fund For Nature –
Zum ersten Mal seit Erstellung der Liste "Guter Fisch" werden 14 Arten empfohlen. Keine Art musste im Vergleich zum letzten Jahr gestrichen werden. Der Rot- und Ketalachs aus Alaska konnte wieder als empfehlenswert aufgenommen werden. Beim Weißen Thun und Echten Bonito wurde die Empfehlung auf weitere Fanggebiete ausgeweitet. Erfreulicherweise haben es die Sardelle (Anchovy) aus der Biskaya und die chilenische Schildmakrele, beides kleinere Schwarmfische aus dem unteren Bereich der Nahrungskette, in diesem Jahr auf die Liste geschafft. Weiterhin finden sich regionale Plattfische wie Scholle, Kliesche und Flunder auf der Liste. Für alle Arten gilt, dass sie nur empfehlenswert sind, wenn sie aus den genannten Fanggebieten stammen und mit akzeptablen Fangmethoden gefischt werden.
Die Erweiterung der Liste klingt wie ein Grund zur Freude, doch diese ist weiter getrübt: Viele beliebte Speisefische wie der Nordsee-Hering oder der Kabeljau werden weiterhin überfischt. Außerdem steht Verbraucherinnen und Verbrauchern insgesamt zu wenig Fisch zur Auswahl, der mit nachhaltigen Fanggeräten gefangen wird.
Dr. Rainer Froese, Meeresökologe und Fischereiwissenschaftler am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, erklärt: „Der Zustand der Speisefische in deutschen Gewässern wird leider nicht besser: Der Bestand des Dorschs ist jetzt endgültig zusammengebrochen, der des Nordsee-Herings schrumpft, und für den westlichen OstseeHering sollte eigentlich ein Fangverbot gelten. Die Ostsee-Sprotte mussten wir schon letztes Jahr von der Liste nehmen, nun gilt sie auch offiziell als überfischt.“
Auch die veränderten Umweltbedingungen wie die Erwärmung, Versauerung und Verschmutzung unserer Ozeane machen den Fischen zu schaffen, betont die Deutsche Umwelthilfe (DUH). Isabel Seeger, Fachreferentin Meeresschutz bei der Deutschen Umwelthilfe, erläutert: „Die anhaltende Überfischung wird durch den schlechten Zustand unserer Meere verschärft. Es gibt immer weniger Gebiete, in denen sich Fische ungestört fortpflanzen und aufwachsen können. Wir müssen dafür sorgen, dass Meeresschutzgebiete wirksam sind und Naturschutzrecht umgesetzt wird – denn ohne Fische, keine Fischerei.“
Verbraucherinnen und Verbraucher haben die Wahl
Die Nachfrage entscheidet mit, was der Markt liefert. Ein bewusster Einkauf kann helfen, die Umweltverträglichkeit der Fischerei zu beeinflussen. Dank einer Abfrage bei den wichtigsten Händlern und Anbietern lassen sich konkrete Fischprodukte benennen, die mit Fisch von der Guter Fisch-Liste hergestellt werden.
Armin Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg: „Viele Verbraucherinnen und Verbraucher essen gerne Fisch und kennen gleichzeitig das Problem der Überfischung. Wir werden oft gefragt, welche Fische wir noch empfehlen können. Mit Hilfe unserer Liste kann jede und jeder selbst entscheiden, welcher Fisch zu Weihnachten auf dem Tisch landet.“
Dr. Kim Detloff, NABU-Leiter Meeresschutz, fordert: „Wir brauchen endlich ein ökosystembasiertes Fischereimanagement, ausgerichtet auf Nachhaltigkeit und Qualität statt auf kurzfristige wirtschaftliche Interessen. Dazu muss die Fischereipolitik grundsätzlich geändert werden. Mit der Liste ,Guter Fisch’ können Verbraucher*innen einen wichtigen Beitrag dazu leisten, Fischpopulationen und den Lebensraum Meer nicht noch weiter zu gefährden.“
Dr. Philipp Kanstinger, WWF Fischereiexperte: „Überfischung hat viele Bestände geschwächt – die Klimakrise gibt ihnen nun den Rest. Wärmeres, sauerstoffärmeres Wasser setzt insbesondere Fischen wie Hering und Kabeljau zu. Wer auf die ‚Guter Fisch‘-Liste schaut, sorgt dafür, dass übernutzte Bestände entlastet und verantwortungsvoller arbeitende Fischereien unterstützt werden."
So funktioniert die Liste
Für unverarbeiteten Fisch und Tiefkühlprodukte sind Angaben zu Fischart, Fangmethode und Fanggebiet verpflichtend. Diese sollten genau mit der Liste verglichen werden, damit am Ende kein Fisch aus einem stark bedrohten Bestand im Einkaufswagen landet. Allerdings ist die gesetzlich vorgeschriebene Kennzeichnung nicht immer ausreichend detailliert, um bewerten zu können, ob ein Produkt „guter Fisch“ ist. Im Zweifel ist eine gezielte Nachfrage zu empfehlen.
Neben der Herkunft ist die Fangmethode ein wichtiges Kriterium. Verschiedene Geräte wirken sich unterschiedlich auf die Bestände, den Meeresboden und die anderen Tiere im Ökosystem aus. Besonders schädlich sind häufig Grundschleppnetze, da sie viel Beifang haben und den Meeresboden zerstören. Trotzdem werden sie vielerorts sogar noch in Meeresschutzgebieten eingesetzt.
Hering, Sprotte und Sardellen: Nur Heringe und Sardellen, die mit akzeptablen Fanggeräten in bestimmten Meeresgebieten gefangen werden, können empfohlen werden. Die Ostsee-Sprotte steht seit zwei Jahren nicht mehr auf der Liste "Guter Fisch", sie gilt offiziell als überfischt.
Foto: Sarah Uphoff, GEOMAR
Empfehlenswert: Die Flunder gehört zu den Plattfischen, sie lebt und frisst überwiegend am Boden. Den Beständen in der Ostsee geht es vergleichsweise gut, und sie werden nachhaltig befischt.
Illustration: Sarah Fricke