Dr. Sonja Geilert bereitet in einem Reinraumlabor des GEOMAR Proben für die Isotopenmessung in einem Massenspektrometer vor. Foto: Jan Steffen/GEOMAR
Kerne aus einem Schlammvulkan am Marianengraben, genommen mit dem Bohrschiff JOIDES RESOLUTION. Foto: Geoff Wheat
Im Rahmen des International Ocean Discovery Program (IODP) hat das Bohrschiff JOIDES RESOLUTION Proben von Schlammvulkanen am Marianengraben genommen. Foto: Steffen Kutterolf/GEOMAR

Neues Puzzleteil zum Verständnis des Silicium-Kreislaufs entdeckt

Untersuchungen am Marianengraben finden Quellen für schwere Silicium-Isotope

12.10.2020/Kiel. Verbindungen des Elements Silicium spielen in der Natur eine entscheidende Rolle bei der Gesteinsbildung, in Verbindung mit dem Kohlenstoffkreislauf aber auch im Klimasystem. Allerdings lassen sich Teile des ozeanischen Silicium-Kreislaufs noch nicht zufriedenstellend in Modellen abbilden, weil Informationen über Quellen und Senken des Elements fehlen. Forscherinnen und Forscher des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel veröffentlichen heute in der internationalen Fachzeitschrift Nature Communications eine Studie, die eine wichtige Quelle für bestimmte Silicium-Isotope nachweist, deren Werte in einigen Ozeanbecken bislang nicht erklärbar waren.

Das Element Silicium steht heutzutage fast synonym für High-Tech-Industrie und Digitalisierung. Es ist als Bestandteil von Mikroelektronik so grundlegend, dass es dem Geburtsort vieler IT-Weltkonzerne den Namen verlieh: dem Silicon Valley in Kalifornien. Doch Silicium spielt auch in der Natur eine wichtige Rolle. So ist der Kreislauf verschiedener natürlicher Silicium-Verbindungen wichtig für die Gesteinsbildung. Er ist auch eng mit dem Kohlenstoffkreislauf verbunden und damit klimarelevant. Das Wissen über den Silicium-Kreislauf im Ozean weist allerdings große Lücken auf.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel sowie der Universität Durham (UK) konnten jetzt Verwitterungsprozesse am Meeresboden nachweisen, bei denen große Mengen bestimmter Silicium-Isotope entstehen. Deren Quellen hatten bisher Rätsel aufgegeben. „Dank unserer Ergebnisse können wir jetzt Silicium-Anomalien in ganzen Ozeanbecken erklären, die bisher in keinem geochemischen Modell zufriedenstellend dargestellt werden konnten“, erklärt Dr. Sonja Geilert vom GEOMAR. Sie ist Erstautorin der Studie, die heute in der internationalen Fachzeitschrift Nature Communications erschienen ist.  

Für die Studie hat das Team Proben untersucht, die im Jahr 2016 mit Hilfe des wissenschaftlichen Bohrschiffs JOIDES RESOLUTION im Rahmen des International Ocean Discovery Program (IODP) an Schlammvulkanen am Rande des Marianengrabens im Westpazifik genommen worden sind. „Schlammvulkane sind wie ein Fenster in Schichten unterhalb des Meeresbodens, weil sie Material aus dem Erdmantel nach oben befördern. Sie eignen sich also gut, um Informationen über Prozesse zu gewinnen, die unterhalb der Ozeankruste ablaufen und die normalerweise unerreichbar sind“, erklärt Dr. Geilert.

Für die aktuelle Studie waren besonders die oberen Schichten der Schlammvulkane interessant, denn dort treten die Gesteine in Kontakt mit dem Meerwasser. In den Flüssigkeiten, die die Poren zwischen den festen Proben-Bestandteilen füllen, hat das Team die Konzentrationen verschiedener Elemente und ihre Isotope gemessen. „Dabei haben wir die höchsten Werte eines besonders schweren Silicium-Isotops entdeckt, die jemals in natürlichen Flüssigkeiten nachgewiesen werden konnten“, so die Geochemikerin.

Die hohen Silicium-Isotopen-Werte entstehen, weil sich bestimmte Gesteine aus der Tiefe, sogenannte Serpentinite, beim Kontakt mit dem Meerwasser auflösen und das Silicium freisetzen. Die Konzentrationen in den Poren-Flüssigkeiten der Schlammvulkan-Proben werden dabei so hoch, dass Silicium wieder ausfällt und Tonminerale bildet. In weiteren Schritten gelangen die Isotope so ins Ozeanwasser. „Bis jetzt hat keines der entsprechenden Modelle Serpentinit-Verwitterung bei Kontakt mit Meerwasser als Quelle schwerer Silicium-Isotope berücksichtigt“, betont die Erstautorin der Studie.

Da Serpentinit im Ozeanboden sehr verbreitet ist, lassen sich die Ergebnisse vom Marianengraben auf viele Gebiete übertragen. „Es gibt sogar Hinweise darauf, dass ähnliche Prozesse auch dort ablaufen, wo andere Gesteinsarten wie Basalt vorherrschen, was unsere Ergebnisse auch auf die großen Ozeanbecken übertragen würde“, ergänzt Dr. Geilert. „Auf jeden Fall konnten wir dem Wissen über den Silicium-Kreislauf ein wichtiges Puzzlestück hinzufügen.“

Originalarbeit:
Geilert, S., P. Grasse, K. Wallmann, V. Liebetrau, C. D. Menzies (2020): Serpentine alteration as source of high dissolved silicon and elevated δ30Si values to the marine Si cycle. Nature Communications, https://doi.org/10.1038/s41467-020-18804-y

Wissenschaftlerin in grünem Kittel in einem Reinraumlabor des GEOMAR
Dr. Sonja Geilert bereitet in einem Reinraumlabor des GEOMAR Proben für die Isotopenmessung in einem Massenspektrometer vor. Foto: Jan Steffen/GEOMAR
Aufgeschnittene Kerne aus einem Schlammvulkan liegen auf einem Labortisch
Kerne aus einem Schlammvulkan am Marianengraben, genommen mit dem Bohrschiff JOIDES RESOLUTION. Foto: Geoff Wheat
Das Bohrschifff JOIDES RESOLUTION an einer Pier
Im Rahmen des International Ocean Discovery Program (IODP) hat das Bohrschiff JOIDES RESOLUTION Proben von Schlammvulkanen am Marianengraben genommen. Foto: Steffen Kutterolf/GEOMAR
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