Das wissenschaftliche Bohrschiff JOIDES Resolution während der IODP Expedition 351 in der Philippinischen See. Foto: Bill Crawford/IODP.
Dr. Philipp Brandl arbeitete 2014 an Bord der DV JOIDES Resolution an der petrologischen Beschreibung eines der basaltischen Gesteinskerne. Foto: Bill Crawford/IODP.
Ein basaltischer Gesteinskern der IODP Expedition 351 wird mit dem Kernscanner im schwimmenden Labor der DV JOIDES Resolution fotografisch dokumentiert. Foto: P. Brandl/GEOMAR

Einzigartige Gesteine öffnen neue Einblicke in die Erdgeschichte

Wissenschaftler*innen entdecken am Izu-Bonin-Bogen unbekannten Typ ozeanischer Basalte

19.03.2021/Kiel. Fast wie Perlen auf einer Schnur ziehen sich südlich von Japan die Izu-Bonin- Inseln und die Inseln der Marianen durch den Westpazifik. Sie zeugen von gewaltigen tektonischen Kräften, die in der Region wirken und die östlich der Inseln eine tiefe Rinne im Meeresboden gebildet haben. Sie ist vielleicht bekannter als die Inseln selbst, denn in ihr liegt fast 11.000 Meter unter dem Meeresspiegel der tiefste Punkt der festen Erdoberfläche.

Eine internationale Gruppe von Geowissenschaftler*innen unter Beteiligung des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel konnte jetzt in Proben aus der Region eine bislang unbekannte Art von ozeanischen Basalten nachweisen. Sie zeugen in einmaliger Weise von der Bildung einer neuen Subduktionszone, an der eine Erdplatte in den Erdmantel abtaucht und dort sozusagen recyclet wird. „Mit diesen neuen Erkenntnissen können wir diesen Prozess hoffentlich auch weiter in die Erdgeschichte zurückverfolgen als es bisher möglich war“, sagt Dr. Philipp Brandl vom GEOMAR. Er ist Co-Autor der Studie, die heute in der internationalen Fachzeitschrift Nature Communications erscheint.

Die Ergebnisse beruhen auf Expedition 351 des International Ocean Discovery Program (IODP) mit dem wissenschaftlichen Bohrschiff JOIDES Resolution in die Region westlich der Izu-Bonin-Inseln im Jahr 2014. Trotz mehrerer Taifune, die das Team während der achtwöchigen Ausfahrt abwettern musste, gelang es, mehr als 1,6 Kilometer tief in den Meeresboden zu bohren. „Wenn man bedenkt, dass zwischen Schiff und Meeresboden noch 4700 Meter Wasser zu überwinden waren, zeigt das die Leistung der Bohrcrew auf der JOIDES“, sagt Dr. Brandl.

Die geographische Position der Bohrung, das Alter und die chemische Zusammensetzung der angebohrten Erdkruste deuteten darauf hin, dass sich dort im Eozän vor rund 50 Millionen Jahren innerhalb von nur 3 Millionen Jahren ein mehr als 300 Kilometer breites Stück Ozeankruste neu gebildet hat. „Offenbar hat sich damals im Pazifikraum großräumig etwas an den Plattenbewegungen geändert. An einer ohnehin vorhandenen Schwachstelle westlich der heutigen Izu-Bonin-Inseln ist daraufhin eine Platte gebrochen. Der östliche Teil fing an, in das Erdinnere abzusinken. Der heiße Erdmantel füllte von unten diese Lücke und bildete Magma das oberhalb der absinkenden Platte zu neuer Ozeankruste kristallisierte“, erklärt Dr. Brandl den komplexen Prozess.

Die Autor*innen der neuen Studie um Erstautorin Dr. He Li von der chinesischen Akademie der Wissenschaften konnten nun zeigen, dass die Prozesse während der Entstehung dieser neuen Kruste tatsächlich so noch nicht bekannt waren. So unterscheiden sich die Gesteine geochemisch von denen an Mittelozeanischen Rücken und in den sogenannten Backarc-Becken, wo ein großer Teil aller Ozeankruste gebildet wird.

Zu diesen Besonderheiten gehört der schnelle und direkte Aufstieg der Schmelzen aus rund 20-60 Kilometern Tiefe im Erdmantel bis an die Oberfläche. „An Mittelozeanischen Rücken steigt auch Magma auf. Es verharrt aber längere Zeit in Magmenkammern, bevor es tatsächlich am Meeresboden als Lava ausfließt. In unseren Proben zeigt sich, dass der Aufstieg sehr schnell erfolgt sein muss, sodass die chemischen Spuren des Erdmantels in den später erkalteten Gesteinen erhalten geblieben sind“, erläutert Dr. Brandl weiter.

Diese einzigartigen Basalte von westlich der Izu-Bonin-Inseln sind daher wie ein geologischer Fingerabdruck für Gesteine, der auf die Entstehung einer neuen Subduktionszone hinweist. „Dies ist ein wichtiger Schritt um die Entwicklung der Plattentektonik durch die Erdgeschichte hinweg rekonstruieren zu können“.

Originalarbeit:

Li, H., Arculus, R.J., Ishizuka, O., Hickey-Vargas, R., Yogodzinski, G., McCarthy, A., Kusano Y., Brandl, P.A., Savov, I.P., Tepley III, F.J., and Sun, W.-D., 2021: Basalt derived from highly refractory mantle sources during early Izu-Bonin-Mariana arc development. Nature Communications, 10.1038/s41467-021-21980-0

Das wissenschaftliche Bohrschiff JOIDES Resolution während der IODP Expedition 351 in der Philippinischen See. Foto: Bill Crawford/IODP.
Das wissenschaftliche Bohrschiff JOIDES Resolution während der IODP Expedition 351 in der Philippinischen See. Foto: Bill Crawford/IODP.
Dr. Philipp Brandl arbeitete 2014 an Bord der DV JOIDES Resolution an der petrologischen Beschreibung eines der basaltischen Gesteinskerne. Foto: Bill Crawford/IODP.
Dr. Philipp Brandl arbeitete 2014 an Bord der DV JOIDES Resolution an der petrologischen Beschreibung eines der basaltischen Gesteinskerne. Foto: Bill Crawford/IODP.
Ein basaltischer Gesteinskern der IODP Expedition 351 wird mit dem Kernscanner im schwimmenden Labor der DV JOIDES Resolution fotografisch dokumentiert. Foto: P. Brandl/GEOMAR
Ein basaltischer Gesteinskern der IODP Expedition 351 wird mit dem Kernscanner im schwimmenden Labor der DV JOIDES Resolution fotografisch dokumentiert. Foto: P. Brandl/GEOMAR