Der neue Deep-Sea Rover PANTA RHEI während seines ersten Testeinsatzes in der Ostsee. Foto: Florian Huber
Bis zu einem Jahr soll DSR PANTA RHEI in Zukunft autonom am Meeresboden Stoffflüsse messen. Foto: Florian Huber
Der DSR PANTA RHEI wird von einem Kran der FS ALKOR aus dem Wasser gehoben. Foto: Florian Huber
Der DSR PANTA RHEI kommt nach erfolgreichem Test wieder an Deck der FS ALKOR. Im Hintergrund sind der Tiefsee-Crawler VIATOR und rechts ein Tiefsee-Lander zu sehen. Foto: Florian Huber.

Neuer Tiefsee-Rover soll die Veränderlichkeit des Stoffumsatzes im Meeresboden erkunden

DSR PANTA RHEI absolvierte erste Testfahrten in der Ostsee

07.05.2021/Kiel. Sechs massive Kunststoffräder an drei Achsen, darüber eine rechteckige Plattform, an der Plexiglasröhren, Kabel und verschiedene Sensoren befestigt sind – die Ähnlichkeit mit einem Mars Rover ist nicht zu leugnen. Doch PANTA RHEI, der neueste, im Technik und Logistik Zentrum (TLZ) des GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel entwickelte Geräteträger, ist eben nicht für fremde Planeten, sondern für die Tiefsee bestimmt. Im April hat das Gefährt seine ersten Testfahrten in der Eckernförder- und Strander Bucht absolviert. In Zukunft soll es in Wassertiefen bis 6000 Metern eingesetzt werden. „Die ersten Tests verliefen sehr gut, die robuste Technik hat wie geplant funktioniert“, sagt Dr. Stefan Sommer, Biogeochemiker am GEOMAR und einer der Mit-Entwickler von PANTA RHEI.

Der Namen des neuen Tiefsee-Fahrzeugs stammt aus dem Griechischen und bedeutet „alles im Fluss“. Damit ist gemeint, dass sich Zustände in der Natur ständig verändern. Und genau das ist der Grund für die Entwicklung von PANTA RHEI. Seine Aufgabe wird es sein, sowohl am verschiedenen Stellen des Meeresbodens als auch zu verschiedenen Zeiten an derselben Stelle Messungen durchzuführen. „Nur so lassen sich Veränderungen der Stoffflüsse am Meeresboden räumlich und zeitlich auflösen“, erklärt Dr. Sommer.

Die erste Anregung zur Entwicklung kam aus dem Forschungsprojekt REEBUS, das sich mit Wirbeln im tropischen Nordostatlantik beschäftigt. Diese bis zu 120 Kilometer großen Ozeanwirbel   – nach dem entsprechenden englischen Wort in der Fachsprache meist Eddies genannt – transportieren nährstoffreiches Wasser von der Küste Mauretaniens nach Westen in den offenen Ozean. Während dieser Reise führen die eingeschlossenen Nährstoffe zu einer erhöhten Produktion von Plankton. Dieses organische Material regnet aus dem Wirbel ab und versorgt die sonst nährstoffarme Tiefsee mit lebenswichtigem organischem Kohlenstoff. Doch wo sich das Material am Meeresboden absetzt ist von verschiedenen Faktoren u.a. von dessen Topographie abhängig und schwer vorhersagbar Um die Auswirkung auf die Tiefsee untersuchen zu können, wäre eine mobile Messplattform, die mehrere Monate am Meeresboden bleiben kann, ideal.

PANTA RHEI ist daher für Missionen, die bis zu einem Jahr dauern können, ausgelegt. Am Meeresboden bewegt der Rover sich langsam voran und erfasst wiederholt in speziellen Inkubationskammern den Sauerstoffverbrauch am Meeresboden. Daraus lässt sich die Abbaurate von organischem Material ableiten. Da wiederholt über einen längeren Zeitraum hinweg an verschiedenen Orten Messungen in zwei Messkammern durchgeführt werden, wird sowohl die räumliche als auch die zeitliche Variabilität des Kohlenstoffkreislaufs im Meeresboden erfasst. So soll u.a. die Koppelung von Meeresbodenökosystemen mit Prozessen an der Meeresoberfläche nachverfolgt werden.  

„Um den hohen Anforderungen von Langzeiteinsätzen gerecht zu werden, standen bei der Konzeption des Rovers vor allem Einfachheit, Zuverlässigkeit und Robustheit im Vordergrund“, erklärt Gabriel Nolte vom TLZ und sein Kollege Matthias Türk ergänzt:  „Der Rover hat ein Gewicht von 1,2 Tonnen und die Abmessungen eines Kleinwagens. Damit bietet er ausreichend Platz für die Inkubationskammern, Sensorik zur Erfassung von Sauerstoff, Leitfähigkeit, Strömung und physikalischer Parameter sowie für Kameras, Beleuchtung, Kontrolleinheiten und die Energieversorgung.“ Für Kurzzeiteinsätze ermögliche ein Unterwassermodem Positionierung und Datenaustausch mit dem Forschungsschiff.  

Gefördert wurde die Entwicklung von dem Projekt REEBUS sowie dem Helmholtz-Umweltbeobachtungsprogramm MOSES (Modular Observation Solutions for Earth Systems), und dem Helmholtz-Zukunftsprojekt ARCHES, das zum Ziel hat, autonome vernetzte robotische Systeme zu entwickeln. Während der ersten Testfahrten in der Ostsee folgte PANTA RHEI noch einem strikt vorgegebenen Protokoll. Zukünftig soll im Rahmen von ARCHES und einem innerhalb der Strategie-Initiative zur künstlichen Intelligenz des Landes Schleswig-Holstein beantragten Projekts eine eigenständige Objekterkennung hinzukommen und dem Rover das autome Auffinden von bestimmten Strukturen am Meeresboden ermöglichen. Der Rover ergänzt daher am GEOMAR bereits bestehende Möglichkeiten zur Erfassung biogeochemischer Prozesse im Meeresboden.

An der Entwicklung von PANTA RHEI haben folgende Kolleg*innen aus dem GEOMAR-Forschungsbereich 2 und dem TLZ mitgewirkt: Stefan Sommer, Gabriel Nolte, Matthias Türk, Asmus Petersen, Antje Beck, Nicolas Bill, Sven Sturm, Peter Linke.

DSR Panta Rhei und ein Taucher am Meeresboden. Foto: Florian Huber
Der neue Deep-Sea Rover PANTA RHEI während seines ersten Testeinsatzes in der Ostsee. Foto: Florian Huber
Die massiven Räder des DSR Panta Rhei in Großaufnahme. Foto: Florian Huber
Bis zu einem Jahr soll DSR PANTA RHEI in Zukunft autonom am Meeresboden Stoffflüsse messen. Foto: Florian Huber
DSR Panta Rhei wird von einem Kran der FS Alkor aus dem Wasser gehoben. Foto: Florian Huber
Der DSR PANTA RHEI wird von einem Kran der FS ALKOR aus dem Wasser gehoben. Foto: Florian Huber
Der DSR PANTA RHEI kommt nach erfolgreichem Test wieder an Deck der FS ALKOR. Im Hintergrund sind der Tiefsee-Crawler VIATOR und rechts ein Tiefsee-Lander zu sehen. Foto: Florian Huber.
Der DSR PANTA RHEI kommt nach erfolgreichem Test wieder an Deck der FS ALKOR. Im Hintergrund sind der Tiefsee-Crawler VIATOR und rechts ein Tiefsee-Lander zu sehen. Foto: Florian Huber.