Elektronenmikroskopaufnahme von Uvigerina peregrina, einer vor Peru heimischen Foraminiferenart. Foto: Nicolaas Glock/GEOMAR
Phosphoritsand vom Meeresgrund vor Peru durchs Mikroskop gesehen. Die Phosphoritkörner haben dieselbe Form und Größe der dort lebenden Foraminiferenarten. Foto: Nicolaas Glock/GEOMAR
Mikroskopaufnahmen lebender Individuen von Cassidulina limbata, einer benthischen Foraminiferenart vom Peruanischen Meeresgrund. Foto: Alexandra-Sophie Roy/CAU

Verborgener Phosphatspeicher in Mikroorganismen entdeckt

GEOMAR-Studie offenbart Rolle von Einzellern für marine Nährstoffkreisläufe

10.09.2020/Kiel. Phosphat ist essenziell für alle lebenden Organismen. So ist Phosphor zum Beispiel einer der Hauptbestandteile der DNA in unseren Körpern. Deshalb ist Phosphat auch ein wichtiger Bestandteil von Düngemitteln. Da die Phosphatressourcen auf der Erde knapp werden, sind neue Erkenntnisse über die Bildung solcher Vorkommen wichtig. In einer Studie unter der Leitung des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel wurden nun verborgene Phosphatspeicher in amöbenartigen Einzellern, die in Meeressedimenten leben, entdeckt. Außerdem lieferte die Arbeit neue Erkenntnisse über die Entstehung stark phosphathaltiger Gesteine, sogenannte Phosphorite. Die Studie ist nun im Fachjournal Geochimica et Cosmochimica Acta erschienen.

Alle lebenden Organismen sind auf Phosphat angewiesen. Dennoch ist das Wissen über den ozeanischen Phosphorzyklus begrenzt. Der zusätzliche Eintrag von Phosphat durch Landwirtschaft und Industrie ins Meerwasser könnte auch den Sauerstoffverlust der Ozeane verstärken: Phosphat kurbelt die Produktion von Biomasse im Meer an. Diese Biomasse verbraucht bei der Verwesung Sauerstoff, was bei hoher Produktivität zur Ausbildung sauerstoffarmer Gebiete führt. Das bedeutet, dass sich diese Regionen nicht mehr für Organismen eignen, die auf den Sauerstoff angewiesen sind. Im Prinzip ist das zu vergleichen mit einem Gartenteich, der durch Überdüngung umkippt.

Andererseits bilden phosphathaltige Gesteine, sogenannte marine Phosphorite, eine große Senke für ozeanisches Phosphat. Ihr Entstehungsprozess ist bisher allerdings nur unzureichend verstanden. Forscherinnen und Forscher des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel und der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel haben nun einen bedeutenden Phosphat-Pool in den Sedimenten des peruanischen Kontinentalrandes entdeckt. Dieses Gebiet ist ein Hotspot für die Bildung von Phosphoriten.

Das Phosphat ist hier in Einzellern, sogenannten Foraminiferen, gespeichert. Einige Sedimente enthalten phosphorhaltige Sande, die hauptsächlich aus solchen phosphatisierten Foraminiferen bestehen. Die intrazelluläre Phosphatkonzentration in den Einzellern übersteigt die Konzentrationen des umgebenden Wassers um das 100- bis 1000-fache, schreiben die Forscherinnen und Forscher in ihrer Studie im Fachjournal Geochimica et Cosmochimica Acta.

Aufgrund dieser Ergebnisse nehmen sie an, dass das Phosphat, das in den Foraminiferen gespeichert ist, die Bildung von Phosphoriten begünstigt, da es aufgrund der hohen Konzentrationen in der Zelle nach deren Tod zu einer lokalen Übersättigung kommen kann. Das bedeutet, dass sich in einem kleinen Bereich des Wassers so viel Phosphat befindet, dass es nicht mehr gelöst werden kann. So bilden sich aus den übrigen Teilchen Feststoffe, in diesem Fall Phosphorite. Sie bestehen zum großen Teil aus Apatit, also aus dem Stoff, aus dem größtenteils auch unsere Knochen und Zähne aufgebaut sind. Die Bildung solcher Feststoffe passiert im Meer allerdings nur unter sehr besonderen Bedingungen, weshalb diese Beobachtung für die Forschenden so interessant ist.

Aufgrund ihrer Untersuchungen war es den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern möglich, fundierte Schätzungen des entdeckten Phosphatpools zu ermitteln. Diese werden für Modellierer, die an marinen biogeochemischen Kreisläufen arbeiten, nützlich sein. Weil die Kohlenstoff-, Stickstoff- und Phosphorzyklen aneinandergekoppelt sind, gibt es starke Wechselwirkungen zwischen den globalen Phosphatinventaren und dem Klima. Dadurch, dass Phosphat als wichtiger Nährstoff die Produktion von Biomasse ankurbelt, kann beispielweise mehr Kohlendioxid im Ozean gebunden werden. Um zukünftige Veränderungen in den marinen Nährstoffhaushalten abschätzen zu können, ist es daher wichtig, ein umfassendes Verständnis für die gegenwärtigen Nährstoffkreisläufe zu entwickeln.

Zur Bedeutung der neuen Erkenntnisse sagt Erstautor Dr. Nicolaas Glock: „Nach unserem Wissen ist dies die erste Studie über den intrazellulären Phosphatgehalt von Foraminiferen, einer Gruppe von Mikroorganismen, die im Meer allgegenwärtig ist. In Anbetracht der Erschöpfung der natürlichen Phosphatressourcen und des steigenden Bedarfs an Düngemitteln zur Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung ist diese Studie natürlich auch von sozioökonomischem Interesse.“

 

Originalarbeit:

Glock, N., D. Romero, A.-S. Roy, C. Woehle, A. W. Dale, J. Schönfeld, T. Wein, J. Weissenbach, and T. Dagan, 2020: A hidden sedimentary phosphate pool inside benthic foraminifera from the Peruvian upwelling region might nucleate phosphogenesis. Geochimica et Cosmochimica Acta. DOI: https://doi.org/10.1016/j.gca.2020.08.002

 

Elektronenmikroskopaufnahme von Uvigerina peregrina
Elektronenmikroskopaufnahme von Uvigerina peregrina, einer vor Peru heimischen Foraminiferenart. Foto: Nicolaas Glock/GEOMAR
Phosphoritsand
Phosphoritsand vom Meeresgrund vor Peru durchs Mikroskop gesehen. Die Phosphoritkörner haben dieselbe Form und Größe der dort lebenden Foraminiferenarten. Foto: Nicolaas Glock/GEOMAR
Foraminiferen durch das Mikroskop
Mikroskopaufnahmen lebender Individuen von Cassidulina limbata, einer benthischen Foraminiferenart vom Peruanischen Meeresgrund. Foto: Alexandra-Sophie Roy/CAU