Cabo Verde: Mittelpunkt der Ozeanforschung für nachhaltige Entwicklung
Eine Delegation des GEOMAR stellt bei einem Besuch vor Ort wichtige Weichen für die weitere Forschung und Kooperation in der Region
Vor der Küste Westafrikas im tropischen Atlantik gelegen, bilden die Kapverdischen Inseln den Mittelpunkt eines unserer wichtigsten Lebenserhaltungssysteme. Auf dem Archipel wird sichtbar, wie der Ozean unser Klima beeinflusst, uns ernährt und Existenzen sichert. Das GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel ist daher bereits seit nahezu 20 Jahren in der Region aktiv und arbeitet eng mit der regionalen Wissenschaft, Politik und Gesellschaft zusammen. Gemeinsam mit dem Instituto do Mar (IMar) gründete das GEOMAR 2017 auf der Kapverden-Insel São Vicente das Ocean Science Centre Mindelo (OSCM).
Eine Delegation des GEOMAR, bestehend aus Direktorin Professorin Dr. Katja Matthes, Verwaltungsdirektor Frank Spiekermann, Professor Dr. Arne Körtzinger, wissenschaftlicher Leiter des Ocean Science Centre Mindelo (OSCM), Cordula Zenk, Kap Verde-Koordinatorin am GEOMAR und Dr. Björn Fiedler, wissenschaftlicher Koordinator des OSCM, stellte jetzt bei einem Besuch in Mindelo wichtige Weichen für die Stärkung der Kooperation und zukünftiger Forschungsprojekte rund um Cabo Verde. Höhepunkt des Besuchs war der „Ocean Race Summit“ am OSCM. Das hochkarätig besetzte Gipfeltreffen im Rahmen der weltweit größten Segelregatta „The Ocean Race“, setzte Akzente zum nachhaltigen Schutz der Meere und der Notwendigkeit für verstärkte Ozeanbeobachtung.
„Mit dem Ocean Science Centre Mindelo haben wir eine herausragende und einzigartige Plattform zur Unterstützung der Wissenschaft, des Austauschs und des Wissenstransfers mit vielfältigen Interessensgruppen geschaffen. Der Ocean Race Summit unterstreicht dies in hervorragender Weise: Das OSCM ist Begegnungsstätte für Wissenschaft, Politik und Gesellschaft“, betonte Professorin Dr. Katja Matthes in ihrer Begrüßung vor dem Generalsekretär der Vereinten Nationen Antonio Guterres, den Premierministern von Cabo Verde und Portugal sowie weiteren Regierungsvertretern und den Segel-Teams und anderen prominenten Unterstützern der Meeresforschung und nachhaltiger Entwicklung.
„Der Ocean Race Summit am OSCM hat Wissenschaft, Politik und den privaten Sektor zusammengebracht, um sowohl die Erforschung als auch die nachhaltige Nutzung des Ozeans in Westafrika zu thematisieren. Gerade diese Region steht vor dem Hintergrund des Klimawandels vor erheblichen Herausforderungen in den kommenden Jahren, denen wir nur gemeinsam begegnen können. Wir sind überzeugt, mit dem OSCM einen sichtbaren Beitrag leisten zu können“, so Prof. Dr. Arne Körtzinger, wissenschaftlicher Leiter des OSCM am GEOMAR.
Das Forschungszentrum soll zukünftig enger in den „Campus do Mar“ integriert werden. Dieser sieht eine stärkere nationale und regionale Vernetzung im Sinne von Ressourcenteilung und Wissenstransfer von akademischer und beruflicher Ausbildung und Forschung in Cabo Verde vor und wird ergänzt durch weitere strategisch wichtige Partnerschaften, um Zugang zu Schiffszeiten zu bekommen.
„Ein wichtiger Baustein unserer Planungen ist die Stärkung der akademischen Ausbildung“, erklärt Dr. Björn Fiedler. Der Meereschemiker unterstützt den internationalen Masterstudiengang „Klimawandel und Meereswissenschaften“ an der Universidade Técnica do Atlantico (UTA) für Studierende aus Westafrika in Mindelo. Diese Graduiertenschule wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des „Kompetenzzentrums zur wissenschaftlichen Unterstützung gegen den Klimawandel und des anpassungsfähigen Landmanagements im westlichen Afrika“ (West African Science Service Centre on Climate Change and Adapted Land Use, WASCAL) gefördert. „Den Veränderungen im Ozean und deren Auswirkungen auf die Gesellschaft können wir nur in länderübergreifender Zusammenarbeit und unter Berücksichtigung regionaler Kenntnisse begegnen“, so Dr. Fiedler. „WASCAL und darüber hinaus gehende Initiativen sind daher wichtig, um das Wissen in der Region und die internationale Vernetzung zu stärken. Dies wollen wir noch stärker als bisher unterstützen. Neben dem politischen Rahmen braucht es dafür zukünftig auch langfristiges Engagement von Stiftungen und privater Donatoren.“
In ihren Gesprächen mit Premierminister Ulisses Correia e Silva und Meeresminister Abraão Vicente vereinbarte die GEOMAR-Delegation eine Intensivierung der Zusammenarbeit und Öffnung des OSCM für nationale und regionale Partnerschaften. Man teilt die Vision, dass sich Cabo Verde mit dem Campus do Mar und dem OSCM als regionale und internationale Kompetenzplattform in den Bereichen Wissenschaft, Wissensproduktion, Technologietransfer, Bildung und berufliche Qualifizierung unter Beteiligung von institutionellen, öffentlichen und privaten Partnern positioniert. „Auf beiden Seiten ist das Bekenntnis zur langfristigen Kooperation und dem kontinuierlichen Engagement spürbar“, resümiert Verwaltungsdirektor Frank Spiekermann. „Das ist eine wichtige Basis für unsere weiteren gemeinsamen Planungen.“
Cabo Verde ist auch Zentrum des Interesses eines großangelegten Forschungsvorhabens, welches das GEOMAR derzeit im Austausch mit zahlreichen nationalen und internationalen Einrichtungen entwickelt. „Die Zukunft der tropischen Auftriebsgebiete im Atlantischen Ozean“ (Future of Tropical Upwelling Regions in the Atlantic Ocean, FUTURO) soll untersuchen, wie sich das natürliche Auftriebsgebiet vor Westafrika im Zuge des Klimawandels entwickelt und wie diese biologisch besonders produktive und artenreiche Region geschützt und nachhaltig bewirtschaftet werden kann. „Auftriebsgebiete sind aufgrund ihrer enormen biologischen Produktivität von höchster ökologischer und sozioökonomischer Bedeutung. Gleichzeitig unterliegen sie starken menschlichen Einflüssen“, erklärt Professor Dr. Arne Körtzinger. „Adäquat untersuchen können wir sie nur in einem methodisch komplexen und ganzheitlichen Ansatz. Dies möchten wir mit Hilfe einer einjährigen internationalen Beobachtungskampagne erreichen, die Forschungsschiffe, autonome Messinstrumente und weitere innovative Methoden kombiniert.“
Mit der Reise stattete das Direktorium den Kapverden auch endlich seinen aufgrund der Pandemie mehrmals verschobenen Antrittsbesuch ab. „Wir sind sehr dankbar für den herzlichen Empfang und die große Zahl informativer und ergiebiger Gespräche und Begegnungen, die uns einen hervorragenden Überblick über die örtlichen Gegebenheiten und Möglichkeiten erlaubt haben“ so Professorin Dr. Katja Matthes. „Ich bin mir sicher, dass wir hieran schon bald mit weiteren persönlichen Treffen anknüpfen können.“