Wie schnell sind Vulkanausbrüche?

Petersen Exzellenz-Professur 30 | Prof. Dr. Terry Plank

Ruhelose Erde – Gefahren durch Vulkanausbrüche
Heute leben etwa 800 Millionen Menschen im Umkreis von 100 Kilometer um einen aktiven Vulkan. Prognosen zufolge wird diese Zahl bis 2040 auf eine Milliarde anwachsen. Das Leben, die Infrastruktur und die Lebensgrundlage dieser Gemeinschaften sind ständig von Zerstörung bedroht, wie uns alle paar Monate vor Augen geführt wird, wenn irgendwo eine Bevölkerung aufgrund eines Vulkanausbruchs vertrieben wird. Selbst diejenigen von uns, die nicht im Schatten eines Vulkans leben, können von Vulkanausbrüchen betroffen sein. Mehr als 50.000 Menschen überfliegen täglich den Luftraum über Vulkanen, und Vulkanausbrüche haben aufgrund von Flughafenschließungen wirtschaftliche Verluste in Höhe von über 4 Milliarden Euro verursacht. Historische Vulkanausbrüche haben aufgrund der klimatischen Auswirkungen der massiven Schwefelinjektion in die Stratosphäre zu Jahren ohne Sommer, Hungersnöten und gesellschaftlichem Zusammenbruch geführt. Die größten Vulkanausbrüche betreffen uns alle. 

Es mag überraschen, dass sich Dutzende von Vulkanen in einem Zustand erhöhter Aktivität befinden oder gerade jetzt ausbrechen. Die überwiegende Mehrheit dieser Vulkane befindet sich an Subduktionszonen rund um den Pazifischen Feuerring und haben das Potenzial für explosive Ausbrüche. Im Gegensatz dazu gibt es aber auch an Hotspots wie Hawaii oder an Spreizungszonen wie auf Island Vulkane, die in der Regel ihre Lava langsam ausstoßen. Was führt dazu, dass manche Vulkane explosiver sind als andere? Bei explosiven Eruptionen werden große Volumenanteile von Gas freigesetzt, die das geschmolzene Gestein auseinanderschleudern. Bei diesem Gas handelt es sich hauptsächlich um H2O, also Wasser im gasförmigen Zustand.


Das "Sodaflaschen"-Modell
Eine Hypothese könnte daher lauten, dass Magmen mit größeren Mengen an Wasser explosivere Eruptionen haben. Diese Hypothese wurde jedoch bereits mehrfach widerlegt, da explosive Eruptionen die gleiche Menge an Ausgangswasser haben können wie schwache Eruptionen desselben Vulkans. Es ist also ein anderes Phänomen im Spiel, das jedem, der schon einmal eine Flasche Limonade geöffnet hat, intuitiv einleuchtet. Wenn nach dem Schütteln der Flasche keine Eruption erwünscht ist, kann man den Verschluss langsam öffnen und das Gas aus der Flüssigkeit entweichen lassen. Der gleiche Vorgang könnte auch unter Vulkanen stattfinden. Anstatt einen Deckel zu öffnen, wird der Druck in Magmen auf natürliche Weise verringert, wenn sie nach oben steigen, wo die Masse des Deckgebirges geringer ist. Wenn Magmen langsam aufsteigen, können die schwimmfähigen Gasblasen schneller aufsteigen als das Magma und aus dem Vulkanschlot entweichen, wodurch die Explosion entschärft wird. Dies ist eine Hypothese, die wir zu testen versuchen.

Kristalle in aufsteigenden Magmen sind Zeitarchive. In der Tiefe enthalten die Kristalle reichlich Wasser, das im Gleichgewicht mit der Schmelze steht. Wenn das Magma aufsteigt und einen niedrigeren Druck erreicht, sinkt die Löslichkeit des Wassers, und es bilden sich wasserreiche Blasen, während die Schmelze trockener wird. Die Kristalle streben danach, ihr Wasser ebenfalls an die Blasen zu verlieren, aber die chemische Diffusion durch den Kristall ist langsamer als in der Schmelze, und die Kristalle werden zoniert. Wenn das Magma langsam aufsteigt, haben die Kristalle mehr Zeit, ihr Wasser zu verlieren, während bei einem schnellen Aufstieg nur die Ränder der Kristalle ihr Wasser verlieren, während das Innere des Kristalls davon unberührt bleibt. Mit Hilfe der Infrarotspektroskopie messen wir die Zonierung des Wassers im Mineral Olivin bei zwei Ausbrüchen des Vulkans Cerro Negro (Nicaragua) und modellieren dann das Muster, um die Aufstiegsgeschwindigkeit des Magmas zu bestimmen. Wir stellen fest, dass Magma vor den explosiveren Eruptionen des Cerro Negro schneller aufsteigt als bei schwachen Eruptionen, was das "Sodaflaschen"-Modell unterstützt.

Die Zeitskala des Magmaaufstiegs kann erstaunlich schnell sein - Minuten bis Stunden ab einer Tiefe von Kilometern. Manche Magmen rasen so schnell an die Oberfläche, wie man rennen kann! Dies stellt eine Herausforderung für rechtzeitige Vorhersagen dar. Allerdings senden Vulkane vor dem Ausbruch viele andere Signale aus - Erdbebenschwärme, Veränderungen in der Gaschemie und Hebung des Bodens -, die über Tage, Wochen und Jahre hinweg auftreten können. Die Zukunft der Vorhersage von Vulkanausbrüchen liegt in der Integration dieser verschiedenen Signale über unterschiedliche Zeitskalen in ein prozessbasiertes Modell mit offenen Echtzeitdaten.

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Prof. Dr. Terry Plank
Position: Arthur D. Storke Memorial Professor, Department of Earth & Environmental Science, Columbia University, New York, USA

Forschungsinteresse: Subduktionszonen und damit zusammenhängende explosive Vulkaneruptionen.