Expedition TRANSDRIFT XV – Von Ostereiern, Bären und Kabeln
Nachdem wir die letzten Tage damit verbracht haben, alle Eis- und Eisbärenschäden an den Meeresbodenobservatorien und den meteorologischen Stationen zu begutachten und weitestgehend zu reparieren, konnten wir während unseres letzten Flugtages ein Meeresbodenobservatorium und eine meteorologische Station nahe der Festeiskante auf ca. 1,20 m dickem Eis neu ausbringen.
Inwiefern die Stationen und Geräte den gestrigen Schneesturm und die sich wahrscheinlich zahlreich um die Stationen versammelnden Eisbären und Polarfüchse („endlich mal etwas Abwechslung") verkraftet haben, wird sich Dienstag während unseres nächsten Flugtages zeigen. Dann wollen wir, neben der Prüfung der „alten“ Stationen, auch die zweite meteorologische Station wieder aufstellen, deren Reparatur etwas länger gedauert hat und bei der leider auch nicht alle Sensoren zu retten waren.
Als Nebenprodukt all dieser Reparaturen lässt sich mittlerweile übrigens ziemlich leicht eine „Hitliste der beliebtesten Kauprodukte der hiesigen Polartiere“ erstellen:
• Auf Platz 4 stehen Stahl-Gestänge und Titan-Eisschrauben – zwar gab es offensichtlich mehrere Versuche, diese Dinge irgendwie zum Spielen oder Drauf-Herumkauen (Aua …) zu benutzen, aber bis jetzt ist jeder Versuch erfolglos abgebrochen worden.
• Auf Platz 3 stehen original Campbell-Kunststoff-Stecker: Sehr beliebt zum Drauf-Herumkauen und zum Genüsslich-mit-der-Tatze-Zertrümmern. Den Kauspuren nach zu urteilen sind diese Stecker bei Polarfüchsen und jungen Eisbären gleichermaßen beliebt.
• Auf Platz 2 steht, unerwarteterweise, Holz: Die Bohrlöcher der Meeresbodenobservatorien werden von uns mit Holzbalken markiert, doch dieses Mal kamen diese Holzstücke besonders gut bei den Eisbären an, denn es gab auf beiden Stationen kein einziges Holzstück mehr, in dem keine Biss- oder Fraßspuren zu sehen waren. Wir spekulierten bereits kurzzeitig über die Entdeckung der Gattung „Polynja-Biber“ …
• Auf Platz 1 stehen, das andere Feld weit abhängend, die Kabel der meteorologischen Station: Diese wurden sowohl von den Polarfüchsen als auch den Eisbären genüsslichst zerkaut und zerbissen. Zwar waren die Kabel durchaus schwer erreichbar und gegen Vandalismus geschützt verlegt, aber der Einzelsieger in dieser Kategorie, ein 2 m langes schwarzes Silikon-Kabel, hatte insgesamt 13 tiefe Bisse quer durch das Kabel – eine schwer zu toppende Leistung.
Nicht ganz so beliebt scheinen wiederum mit anderem Kunststoff ummantelte Kabel zu sein, diese wurden nach ein- bis zweimaligem Ankauen meist als nicht gut genug befunden.
Natürlich ist diese Hitliste nicht wirklich repräsentativ – nichtsdestotrotz würden wir Leuten, die zwecks Eisbär-Beobachtungen in die Arktis fahren, durchaus raten, einen ausreichend großen Vorrat an schwarzen Silikon-Kabeln mit sich zu führen. Die Chancen, damit einen Eisbären anzulocken, erscheinen uns momentan recht hoch ;-)
Ob die Polarfüchse und Eisbären unsere Stationen wegen des heutigen Osterfestes übrigens als schlecht versteckte aber gut verpackte Ostereier ansehen und sich dementsprechend über diesen ungewöhnlichen Fund „freuen“, sei dahingestellt und der Phantasie des Lesers überlassen.
Beste Grüße aus der sonnigen Arktis,
das Expeditionsteam