Als Beginn moderner Meeresforschung gilt international die Expedition der britischen Dampfkorvette „HMS Challenger“ um die Welt, bei der 1872-76 erstmals viele Erkenntnisse über die Ozeane von den Oberflächentemperaturen bis zur Beschaffenheit der Tiefsee-Meeresböden gewonnen wurden. Binnenländische Geographen und die Marine des jungen Deutschen Kaiserreiches hatten ebenfalls Interesse an den Weltmeeren. Daher startete die Kaiserliche Marine 1874 von Kiel aus die zweijährige Weltumsegelung der Dampfkorvette „SMS Gazelle“. Neben den regelmäßigen Wetter- und Meeresoberflächenbeobachtungen untersuchten Wissenschaftler Meeresströmungen und Wassertiefen und sammelten zoologische und botanische Materialien aus allen drei Ozeanen und bei Landaufenthalten. Zum Programm der Reise gehörten außerdem anthropologische und astronomische Beobachtungen, insbesondere die des Venusdurchgangs von 1874. Nach Treffen und Absprache der Kommandanten von „HMS Challenger“ und „SMS Gazelle“ in Südamerika bildeten die Rückreisen beider Schiffe durch den Atlantik 1876 das erste koordinierte Mehrschiffprogramm der Welt. (Eine Auswahl an Originalberichten und Fotos der Reise hat das Bundesarchiv unter dem Stichwort "Die Kaiserliche Marine und der Venusdurchgang von 1874" auf seiner Internetseite zusammengestellt).
In Kiel war die Meeresforschung zu dem Zeitpunkt schon etabliert. Seit Ende der 1850er Jahre betrieben der Physiologe Victor Hensen (1835-1924), der Zoologe Karl Möbius (1825-1908) sowie der Industrielle und Meereskundler Heinrich Adolph Meyer (1822-1889) Studien zur Ökologie in der Kieler Förde und Bucht. Dazu benutzten sie seit 1862 das erste in Kiel – noch unter dänischer Flagge – beheimatete Forschungsfahrzeug, Meyers Lustyacht „Marie“. Dabei prägte Hensen den heute weltweit gebräuchlichen Begriff „Plankton“ für frei im Wasser treibende und schwebende Organismen, Möbius den Begriff „Biozönose“ für (marine) Lebensgemeinschaften von Pflanzen und Tieren.
Große Bedeutung erlangte die 1870 gegründete „Königlich-Preußische Kommission zur Erforschung der Deutschen Meere in Kiel“ (kurz: „Kieler Kommission“). Diese zur Stärkung der Fischerei vor den deutschen Nord- und Ostseeküsten durch wissenschaftliche Erkenntnisse eingerichtete Gruppe, initiiert durch die Kieler Universitätsprofessoren V. Hensen, K. Möbius und Gustav Karsten (1820-1900; Physiker und Mineraloge) unter der Leitung von Herrmann Adolph Meyer, ließ neben verbreitungsbiologischer und technischer Fischereiforschung auch kontinuierlich Wassertemperaturen und Salzgehalte auf den Feuerschiffen und an Küstenorten registrieren. Leider sind diese Daten nicht lückenlos erhalten geblieben.
Im Juli 1889 startete die „Plankton Expedition“ mit dem gecharterten Dampfer „National“ unter der Leitung von Victor Hensen in Kiel. Bis November 1889 sammelten die Wissenschaftler auf einer Reise durch die unterschiedlichen Zonen des Atlantiks, von den subpolaren bis in die tropischen Bereiche, biologische und chemische Proben sowie physikalische Messwerte. Die letzteren gewann der Kieler Geograph Otto Krümmel (1854-1912), inzwischen ebenfalls Mitglied der Kieler Kommission. Während seiner Forschungs- und Lehrtätigkeit in Kiel entwickelte Krümmel grundlegende meereswissenschaftliche Methoden und die entsprechenden Geräte. Er gilt international als einer der Wegbereiter der modernen Ozeanographie und veröffentlichte das erste umfassende deutschsprachige Lehrbuch, das „Handbuch der Ozeanographie“ (zwei Bände 1907, 1911).
Ein weiterer Meilenstein der frühen deutschen Meeresforschung war die „Tiefsee-Expedition“ mit dem Charter-Dampfer „Valdivia“ 1898-99. Die Planktologen Carl Apstein (1862-1950) und Ernst Vanhoeffen (1858-1918) nahmen als Assistenten der Kieler Kommission an dieser Nord-Süd-Reise durch den Atlantik und Teile des westlichen Indischen Ozeans teil.