Titelblatt (Detail) der "Summary for policy makers" zum Thema Ozeandüngung. Quelle: www.IGBP.net

Ozeandüngung – ein umstrittener Ausweg aus dem Klimawandel

Zusammenfassung des aktuellen Forschungstands veröffentlicht

31.01.2011/Kiel. Die Reduzierung der weltweiten Treibhausgasemissionen kommt nicht voran. Gleichzeitig geraten Ansätze zum sogenannten Geoengineering immer stärker in den Focus der politischen und öffentlichen Diskussion. Dabei handelt es sich um groß angelegte Eingriffe in natürliche Abläufe, um die Geschwindigkeit des Klimawandels zu drosseln. Für Politiker und die Öffentlichkeit sind diese Ideen nur schwer einzuschätzen, denn wissenschaftlich belastbare Studien zu dem Thema sind meist sehr technisch und finden sich nur in hochspezialisierten Fachjournalen.

Wissenschaftler des Kieler Leibniz-Instituts für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR) haben deshalb im Auftrag der Intergovernmental Oceanographic Commission (IOC) der UNESCO und des International Geosphere-Biosphere Programme (IGBP) zusammen mit Kollegen von acht führenden Meeresforschungseinrichtungen aus sieben Ländern die erste „Übersicht für Politiker“ („Summary for policy makers”) zum Thema Ozeandüngung herausgegeben. Bei der Ozeandüngung handelt es sich um einen der frühesten Vorschläge zum Geoengineering. Indem man dem Ozean Eisen oder andere Nährstoffe zuführt, soll das Wachstum von mikroskopisch kleinen marinen Pflanzen angeregt werden. Diese Organismen verbrauchen für ihr Wachstum im Wasser gelöstes Kohlendioxid. Wird mit einer Düngung des Ozeans das Pflanzenwachstum angeregt, verbrauchen die Pflanzen mehr CO2 und entziehen der Atmosphäre so große Mengen des Treibhausgases – so jedenfalls die Theorie.

In den vergangenen 20 Jahren haben Wissenschaftler immer wieder kleinere Ozeandüngungs-Experimente durchgeführt, um ein besseres Verständnis dafür zu gewinnen, wie marine Ökosysteme auf Umweltveränderungen reagieren. Doch diese Experimente waren nicht darauf ausgelegt, Fragen zum großmaßstäblichen Geoengineering zu beantworten. Die Vorschläge, den Ansatz kleinerer Experimente einfach in größerem Umfang zu nutzen, um den Klimawandel zu verlangsamen, haben eine intensive Debatte und teils heftige Kritik sowohl unter Wissenschaftlern als auch in der Öffentlichkeit ausgelöst. Die komplexe, hoch technische und in vielen Fachpublikationen verstreute wissenschaftliche Literatur zum Thema hat die Debatte weiter kompliziert. Die jetzt erschienene „Zusammenfassung für Entscheidungsträger“ erklärt die zugrunde liegende Forschung und führt bisherige wissenschaftliche Erkenntnisse so zusammen, dass sie auch für Entscheidungsträger in der Politik nachvollziehbar sind.

Erstautor des Dokuments ist Professor Douglas Wallace vom IFM-GEOMAR. Er betont: „Unsere bisherigen Erkenntnisse legen nahe, dass sogar eine sehr groß angelegte Düngung des Ozeans über einen Zeitraum von 100 Jahren der Atmosphäre nur eine vergleichsweise kleine Menge CO2 entziehen würde. ”

In dem Dokument wird auch betont, dass es immer noch entscheidende Lücken im Wissensstand gibt. Beispielsweise ist unklar, ob die Erkenntnisse aus den kleineren Experimenten problemlos auf größere Projekte hochgerechnet werden können. Außerdem weisen die Autoren darauf hin, dass eine umfangreiche Düngung der Ozeane unabsehbare Folgen für die Ökosysteme haben könnte. Langzeitwirkungen oder unbeabsichtigte Nebeneffekte seien bisher extrem schwierig vorherzusagen, so die Autoren.

Quelle: Ocean fertilization: a summary for policy makers
Hrsg. von: Intergovernmental Oceanographic Commission (IOC) der UNESCO. In Zusammenarbeit mit der Surface Ocean Lower Atmosphere Study (SOLAS), einem internationalen Programm, das sich mit der Erforschung von Wechselwirkungen zwischen Meer und Atmosphäre beschäftigt. Finanziert vom International Geosphere-Biosphere Programme (IGBP), dem Scientific Committee on Oceanic Research (SCOR), dem World Climate Research Programme (WCRP) und der International Commission on Atmospheric Chemistry and Global Pollution (ICACGP).

Die „Summary for policy makers“ kann kostenlos heruntergeladen werden unter:
http://unesdoc.unesco.org/images/0019/001906/190674e.pdf

 

Titelblatt (Detail) der "Summary for policy makers" zum Thema Ozeandüngung. Quelle: www.IGBP.net
Titelblatt (Detail) der "Summary for policy makers" zum Thema Ozeandüngung. Quelle: www.IGBP.net