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Das neueste deutsche Forschungsschiff, die SONNE, setzte von Ende November bis Mitte Dezember mehr als 20 GeoSEA-Tripoden in 2.000 bis 6.000 Metern Wassertiefe vor der Küste von Nordchile ab. Foto: Jan Steffen, GEOMAR
Co-Fahrtleiter Dietrich Lange überwacht von der Datenzentrale der SONNE aus, ob die Tripoden an der richtigen Position auf dem Meeresboden landen. Foto: Jan Steffen, GEOMAR
Wave-Glider sind innovative Geräteträger für die Meeresforschung: Unter dem Gerät befestigte Lamellen werden durch Wellen und Strömung bewegt und treiben so das Gerät an. Die oben angebrachten Solarpanele liefern den Strom für Sensoren und Kommunikation. Foto: Heidrun Kopp, GEOMAR
Während Expedition SO244/I wurde der Meeresboden vor Chile mit dem AUV ABYSS exakt vermessen. Foto: Emanuel Söding, Ozean der Zukunft
Auswertung der mit AUV ABYSS erstellten bathymetrischen Karten aus der Zielregion der Expedition. Foto: Jan Steffen, GEOMAR
Schema der Kommunikation mit dem GeoSEA-Array: Das System besteht aus rund vier Meter hohen Tripoden, an deren Spitzen akustische Sender, Empfänger sowie zusätzliche Sensoren angebracht sind. Mit dem Schall messen die Tripoden den Abstand voneinander. Mit Hilfe der Zusatzsensoren, die unter anderem den Druck und die Wassertemperaturen registrieren, lassen sich so Bewegungen und Deformationen des Untergrundes im Millimeterbereich feststellen. Ein autonom operierender Wave-Glider sammelt die Daten des GeoSEA-Arrays ein und schickt diese per Satellit an die Zentrale. Grafik: GEOMAR

Neue Wege in der Erdbebenforschung

GeoSEA-Array soll Erdplattenbewegungen vor Chile messen

Die Natur ist immer für eine Überraschung gut. Am 27. November verließ das deutsche Forschungsschiff SONNE unter Fahrtleitung von Prof. Dr. Heidrun Kopp und Dr. Dietrich Lange vom GEOMAR den Hafen von Antofagasta. Ziel der Expedition war es, ein neuartiges Erdbeben-Messnetz vor der Küste Nordchiles aufzubauen. Nur wenige Stunden nachdem die SONNE die chilenische Hafenstadt verlassen hatte, bebte dort die Erde. Das Beben hatte eine Magnitude von 6,2, was für chilenische Verhältnisse kein allzu starkes Ereignis ist. Größere Schäden waren nicht zu verzeichnen. Trotzdem demonstrierte das Beben, wie aktiv der Untergrund in der Region ist.

Chile gehört ganz allgemein zu den besonders von Erdbeben bedrohten Ländern. Mit etwa sechs  Zentimetern pro Jahr bewegt sich der Meeresboden des Pazifiks, den in dieser Region die ozeanische Nazca-Platte bildet, auf die Küste Südamerikas zu. Etwa 50 Kilometer vor der Küste gleitet sie unter die kontinentale südamerikanische Erdplatte. Das geht nicht ohne Reibung vonstatten. Mit der Zeit bauen sich im Untergrund Spannungen auf, die sich früher oder später in Erdbeben entladen. Zahlreiche Erschütterungen in den vergangenen Jahrzehnten legen davon Zeugnis ab. Nur im Norden, in der Region um die Hafenstädte Iquique und Antofagasta, hat es seit 1877 kein schweres Erdbeben mehr gegeben. „Wir schätzen, dass die Spannungen im Untergrund dort mittlerweile für ein gewaltiges Megabeben mit einer Magnitude größer als acht ausreichen“, erklärt die Geophysikerin Heidrun Kopp vom GEOMAR. Kleinere Beben wie das aktuelle in Antofagasta reichen nicht, um diese Spannungen abzubauen.

Deshalb hat sich Professorin Kopp das Gebiete vor der Küste Nordchiles für den ersten Großeinsatz eines neuen Mess-Netzes ausgesucht. Es heißt GeoSEA und beschreitet ganz neue Wege in der Erdbebenforschung: Die Vermessung von Plattenbewegungen in der Tiefsee. „Das Problem ist, dass ausgerechnet die starken Erdbeben ihren Ursprung fast immer unter dem Meeresboden haben. Dort konnten wir die Bewegung der Platten bisher aber nicht verfolgen“, sagt Professorin Kopp.

An Land ist es heute kein Problem, die Aktivität der Plattentektonik im Millimeterbereich zu registrieren. Dafür sorgt die Satellitennavigation GPS. Doch unter Wasser haben GPS-Geräte keinen Empfang, da die elektromagnetischen Satellitensignale nichts ins Wasser eindringen können. Schall breitet sich dagegen unter Wasser hervorragend aus. Deshalb hat die Abteilung Geodynamik des GEOMAR unter Leitung von Heidrun Kopp und Dr. Dietrich Lange GeoSEA entwickelt. Der Name steht für „Geodetic Earthquake Observatory on the SEAfloor“.  „Wir wollen mit diesem neuen System die Bewegungen der Platten dort über mehrere Jahre beobachten und so Informationen über die Entstehung und den Verlauf von Erdbeben sowie über daraus resultierende Tsunamis liefern“ erklärt die Projektleiterin.

Doch bevor GeoSEA dem Meeresboden vor Nordchile den Puls fühlen kann, war einiges an Vorarbeit nötig: „Wir haben uns in den vergangenen vier Jahren intensiv mit der neuen Technologie und mit der Tektonik in Nordchile befasst“, sagt Dr. Lange. Ein erster Testeinsatz von sechs GeoSEA-Tripoden im Marmarameer läuft seit 2014 erfolgreich. Das Team der SONNE-Expedition SO244/1 unter Leitung von Prof. Dr. Jan Behrmann (GEOMAR) hat schließlich im Oktober und November 2015 mit dem Autonomen Unterwasserfahrzeug AUV ABYSS präzise den Meeresboden vor Nordchile vermessen, um möglichst günstige Standorte für die GeoSEA-Geräte zu finden. Die Tripoden benötigen einen ebenen Standplatz. Der Abstand von zwei Tripoden darf nicht größer sein als eine Seemeile, damit die Abstandsmessung funktioniert, und es dürfen keine Hindernisse dazwischen sein. „Eine echte Herausforderung“, sagt Dr. Lange. Sobald das Messnetz steht, werden die Daten regelmäßig an einen autonomen Wave-Glider übertragen, der sie per Satellit ans GEOMAR weiterleitet.

Da dies der erste großflächige Einsatz von GeoSEA in der Tiefsee ist, sind alle Beteiligten äußerst gespannt auf die Ergebnisse. „Wir haben versucht, alle Eventualitäten einzuplanen, aber Arbeiten in der Tiefsee sind immer mit Überraschungen verbunden“, sagt Heidrun Kopp.
Die Erforschung von Naturgefahren in Chile hat neben den rein wissenschaftlichen und der humanitären Komponente auch einen ökonomischen Aspekt. In Nordchile liegen mit Iquique und Antofagasta zwei der weltweit wichtigsten Kupfer-Exporthäfen. „Ein starkes Erdbeben mit einem nachfolgenden Tsunami in der Region könnte den globalen Kupferhandel beeinträchtigen und alle Elektroartikel vom Handy bis zur Windturbine teurer werden lassen“, erklärt die Kieler Geophysikerin.

Mehr:

www.geomar.de/n4116

www.oceanblogs.org/oceannavigator/category/rv-sonne

Das neueste deutsche Forschungsschiff, die SONNE, setzte von Ende November bis Mitte Dezember mehr als 20 GeoSEA-Tripoden in 2.000 bis 6.000 Metern Wassertiefe vor der Küste von Nordchile ab. Foto: Jan Steffen, GEOMAR
Das neueste deutsche Forschungsschiff, die SONNE, setzte von Ende November bis Mitte Dezember mehr als 20 GeoSEA-Tripoden in 2.000 bis 6.000 Metern Wassertiefe vor der Küste von Nordchile ab. Foto: Jan Steffen, GEOMAR
Co-Fahrtleiter Dietrich Lange überwacht von der Datenzentrale der SONNE aus, ob die Tripoden an der richtigen Position auf dem Meeresboden landen. Foto: Jan Steffen, GEOMAR
Co-Fahrtleiter Dietrich Lange überwacht von der Datenzentrale der SONNE aus, ob die Tripoden an der richtigen Position auf dem Meeresboden landen. Foto: Jan Steffen, GEOMAR
Wave-Glider sind innovative Geräteträger für die Meeresforschung: Unter dem Gerät befestigte Lamellen werden durch Wellen und Strömung bewegt und treiben so das Gerät an. Die oben angebrachten Solarpanele liefern den Strom für Sensoren und Kommunikation. Foto: Heidrun Kopp, GEOMAR
Wave-Glider sind innovative Geräteträger für die Meeresforschung: Unter dem Gerät befestigte Lamellen werden durch Wellen und Strömung bewegt und treiben so das Gerät an. Die oben angebrachten Solarpanele liefern den Strom für Sensoren und Kommunikation. Foto: Heidrun Kopp, GEOMAR
Während Expedition SO244/I wurde der Meeresboden vor Chile mit dem AUV ABYSS exakt vermessen. Foto: Emanuel Söding, Ozean der Zukunft
Während Expedition SO244/I wurde der Meeresboden vor Chile mit dem AUV ABYSS exakt vermessen. Foto: Emanuel Söding, Ozean der Zukunft
Auswertung der mit AUV ABYSS erstellten bathymetrischen Karten aus der Zielregion der Expedition. Foto: Jan Steffen, GEOMAR
Auswertung der mit AUV ABYSS erstellten bathymetrischen Karten aus der Zielregion der Expedition. Foto: Jan Steffen, GEOMAR
Schema der Kommunikation mit dem GeoSEA-Array: Das System besteht aus rund vier Meter hohen Tripoden, an deren Spitzen akustische Sender, Empfänger sowie zusätzliche Sensoren angebracht sind. Mit dem Schall messen die Tripoden den Abstand voneinander. Mit Hilfe der Zusatzsensoren, die unter anderem den Druck und die Wassertemperaturen registrieren, lassen sich so Bewegungen und Deformationen des Untergrundes im Millimeterbereich feststellen. Ein autonom operierender Wave-Glider sammelt die Daten des GeoSEA-Arrays ein und schickt diese per Satellit an die Zentrale. Grafik: GEOMAR
Schema der Kommunikation mit dem GeoSEA-Array: Das System besteht aus rund vier Meter hohen Tripoden, an deren Spitzen akustische Sender, Empfänger sowie zusätzliche Sensoren angebracht sind. Mit dem Schall messen die Tripoden den Abstand voneinander. Mit Hilfe der Zusatzsensoren, die unter anderem den Druck und die Wassertemperaturen registrieren, lassen sich so Bewegungen und Deformationen des Untergrundes im Millimeterbereich feststellen. Ein autonom operierender Wave-Glider sammelt die Daten des GeoSEA-Arrays ein und schickt diese per Satellit an die Zentrale. Grafik: GEOMAR
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