Tephrostratigraphie

Tephrostratigraphie: Die Kopplung zwischen Land, Ozean und Klima

Einführung

Die Tephrostratigraphie-Gruppe in MuHS untersucht das Auftreten, die Eigenschaften und Alter von Tephra Horizonten in geologischen Abfolgen an Land und im Meeresboden. Hochexplosive magmatische oder phreatomagmatische Vulkaneruptionen können riesige Aschewolken generieren, welche direkt aus den Vulkanschloten kommen oder aus Co-Ignimbrit Wolken stammen. Sie verbreiten riesige Mengen an Tephra, welche meist Aschekorngröße haben, über große Gebiete an Land, über Seen und Ozeane. Die daraus entstehenden Aschelagen können sich deshalb über verschiedene Ablagerungsumgebungen hinweg erstrecken und wurden praktisch unmittelbar nach der Eruption abgelagert. Dies macht sie zu idealen chronostratigraphischen Leithorizonten über Land-Ozean Grenzen und unterschiedlichen Sedimentfazies hinaus, vor allem weil sie an Hand ihrer einzigartigen Zusammensetzungseigenschaften erkannt werden können. Darüber hinaus können diese Aschelagen relativ präzise datiert werden, entweder durch direkte radiometrische Methoden oder durch andere geologische Methoden. Diese oft dünnen und feinkörnigen Aschelagen sind am Besten in großen submarinen Bereichen erhalten, welche nicht oder nur wenig durch Erosion beeinflusst werden und relativ wenig Bioturbation beinhalten, wohingegen Tephra Lagen an Land oftmals leicht wegerodiert werden können.

Distale marinen Aschelagen sind ein wichtiges Werkzeug in der Vulkanologie, weil sie helfen die initial aus den proximalen Ablagerungsspuren bestimmten Eruptionsmagnituden (Größe), Intensitäten (Stärke) und Volatilenbudgets vergangener Eruptionen besser abzuschätzen. Zudem werden sie benutzt, um Eruptionen zu erkennen und zu datieren, welche von Land unbekannt sind, und um zeitliche Abfolgen physikalischer und geochemischer Änderungen des Magmasystems zu offenbaren. Marine Aschelagen sind auch wichtig um nichtvulkanische geologische Prozesse zu rekonstruieren. Dazu zählen zum Beispiel die Bestimmung von lateral und zeitlich unterschiedlicher Sedimentationsraten, die Korrelation von geologischen Ereignissen über Umgebungsbedingungen und Faziesgrenzen hinaus oder die Altersbestimmung von, und die Festlegung von Raten bei, geologischen Prozessen (z.B. Beckenentwicklung), Ereignissen (z.B. Hangrutsche) und Paläo-Umweltbedingungen sowie deren Veränderungen.

Einen Schwerpunkt der Tephrostratigraphi-Gruppe liegt in der zeitlichen Korrelation zwischen Aschelageabfolgen und Proxies für Paläoklima und Paläoumweltbedingungen. Solche Korrelationen ergeben, dass nicht nur vulkanische Gasemissionen (SO2, CO2, Halogene) das globale Klima und die Atmosphärenchemie beeinflussen, sondern auch das globale Klimaveränderungen einen Einfluss auf die Häufigkeit von vulkanischen Eruptionen ausüben können.

Ozeanbasierte Tephrostratigraphie

Wir beproben marine Tephren, indem wir verschiedene Bohrtechniken anwenden. Diese reichen von flachen Schwereloten, welche ungefähr 105 Jahre alte Sedimente erreichen können, bis hin zu den hochentwickelten Bohrtechniken der ozeanischen und kontinentalen Tiefbohrprogramme, welche Sedimente bis zu zehn Millionen Jahre erbohren. Die Kerne können bis zu hunderte Tephralagen beinhalten und jede Einzelne muss untersucht werden, um primäre, direkt durch die vulkanischen Eruptionen abgelagerte, von umgelagerten Tephren zu unterscheiden, um perfekte von falschen Zeitmarkern zu unterscheiden. Da ein Kern nur einen eindimensionalen Beleg der Tephraabfolge liefert, welcher auch durch lokale Umlagerungsereignisse beeinflusst sein kann, werden die besten Korrelationen dann etabliert, wenn eine Vielzahl räumlich voneinander getrennten Kernen in Betracht gezogen werden können, um ein dreidimensionales tephrostratigraphisches Netzwerk zu erhalten. Solche Korrelationen werden meist durch den Vergleich von Glasscherben Zusammensetzungen gemacht. Wir benutzen dabei hauptsächlich die geochemischen Zusammensetzungen der Hauptelemente, welche wir durch Punktanalysen mit der Elektronen Mikrosonde (EMP) messen. Wenn diese zur Unterscheidung nicht ausreichen, dann ziehen wir Punktanalysen an der Laser ICPMS (Massenspektrometrie mit induktiv gekoppeltem Plasma) hinzu, um zusätzlich Spurenelemente zur Unterscheidung zu benutzen. Eruptierte Tephren treten nicht immer als deutliche Lagen auf, können aber in Form von Aschepartikel dispers verteilt in bestimmten Horizonten im Sediment auftreten. Deshalb analysieren wir auch alle anderen Sedimente in den Kernen nach ihrem Tephragehalt. Außerdem untersuchen wir auch den Tephragehalt in lakustrinen Kernen, da sich hier die gleichen Ansätze wie bei den marinen Tephren anwenden lassen und sich zusätzlich noch die Möglichkeit bietet, die Tephrazeitserien mit hochauflösenden und hochsensitiven Paläoklima- und Paläoumweltaufzeichungen zu vergleichen.

Landbasierte Tephrostratigraphie

Die Eigenschaften hoch-explosiver Vulkaneruptionen, wie zum Beispiel das ausgeworfene Tephravolumen, die Eruptionsintensität, den Eruptionsmechanismus und die Eruptionssäulenhöhe, können nicht allein durch die Untersuchung von distalen (marinen) Tephren bestimmt werden, sondern benötigen auch die vulkanologischen Untersuchungen der komplexeren und viel mächtigeren proximalen Ablagerungen an Land nahe der Vulkane. Diese verraten einem die zu Grunde liegenden Prozesse und die Kräfteverhältnisse von Eruptionen und kennzeichnen deshalb auch unterschiedlich auftretende Eruptionsphasen dieser Eruptionen, welche im Umkehrschluss auch verantwortlich für Ablagerungen der distalen marinen Aschelagen sind. Darüber hinaus werden die viel groberen (Lapilli und Blöcke) juvenilen Klasten mit ihren magmatischen Texturen, sowie ausgeworfene lithische Fragmente, welche das vulkanische Grundgebirge und das Umfeld in der die Magmakammer sitzt, charakterisiert gebraucht, um die petrogenetischen Prozesse der Magmaentwickung abzuleiten, welche schlussendlich zu den hochexplosiven Eruptionen führen. Die komplette Charakterisierung kompositioneller Zonierungen von proximalen Ablagerungen ermöglicht auch die Korrelation distaler mariner Tephren mit der Eruptionsgeschichte. Deshalb erfassen wir detailliert einzelne vulkanische Landablagerungen, kartieren ihre Verbreitung und beproben diese in den mutmaßlichen Quellregionen der marinen Tephren.