Im Labor am GEOMAR untersuchten die Teilnehmenden des GAME-Projekts 2024 Algenproben in Vorbereitung auf ihre Experimente. Foto: Mark Lenz, GEOMAR

Während des Einführungskurses am GEOMAR planten die Teilnehmenden des GAME-Projekts 2024 ihre Experimente. Foto: Mark Lenz, GEOMAR

In der Kieler Förde sammelten die Studierenden Proben für erste Untersuchungen. Foto: Mark Lenz, GEOMAR

In Kroatien bereiten Barbara Jakovljevic und Catarina Rente ihre Experimente vor. Foto: Catarina Rente

In Japan sammelt Martin Ladner erste Algen. Foto: Hikari Hagiwara

Hikari Hagiwara, Team Japan, zeigt eine der Algen, die im Experiment untersucht werden sollen. Foto: Martin Ladner

Algen in der Bretagne. Foto: Mark Lenz, GEOMAR

Nächtliche Beleuchtung in Conception, Chile. Foto: Javier Duarte

Beleuchtung am Hafen von Vigo, Spanien. Foto: Fabian Löhr

Die Teilnehmenden des GAME-Projekts 2024 vor dem Tauchboot JAGO am GEOMAR. Foto: Sarah Uphoff, GEOMAR

Ein neuer Blick auf die Folgen von Lichtverschmutzung

GAME-Jahrgang 2024 beginnt seine Experimente in acht Ländern mit maßgeblicher Unterstützung der Klaus Tschira Stiftung

17.04.2024/Kiel. Kann nächtliches Kunstlicht Meeresalgen schädigen und deren wichtige Funktionen für Küstenökosysteme beeinträchtigen? Das diesjährige Projekt des Ausbildungsprogramms „Globaler Ansatz durch Modulare Experimente“ (GAME) des GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel widmet sich erstmals dieser wissenschaftlich bislang noch nicht untersuchten Frage. Dafür sind 16 Studierende in acht Ländern rund um den Globus im Einsatz. Ihre Arbeiten werden von der Klaus Tschira Stiftung ermöglicht. Sie knüpfen an frühere GAME-Projekte an, die Einflüsse von Lichtverschmutzung auf Muscheln, Seeigel und andere Organismen am Meeresboden belegen konnten.

Dass der Einfall von nächtlichem Kunstlicht Meerestiere beeinflusst, ist mittlerweile wissenschaftlich belegt. Auch das Ausbildungsprogramm „Globaler Ansatz durch Modulare Experimente“ (GAME) des GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel trug zum Erkenntnisgewinn bei. Doch können auch Meerespflanzen wie Großalgen betroffen sein? Beeinflussen ihre Reaktionen wiederum andere Lebewesen, die von ihnen abhängen? Wie weit können sich die Effekte im Nahrungsnetz fortpflanzen? Sind bestimmte Folgen auch für uns Menschen spürbar? Teilnehmende des diesjährigen GAME-Projekts zählen zu den ersten Forschenden, die sich diesen Fragestellungen widmen. Dafür sind 16 junge Leute von April bis Oktober 2024 in Zweierteams in Cabo Verde, Finnland, Japan, Kroatien, Malaysia, Portugal, Spanien und Wales im Einsatz.

Entsprechend des speziellen Ansatzes von GAME führen die Studierenden an ihren Einsatzorten einheitliche Experimente durch, um vergleichbare Daten zu gewinnen. In diesem Jahr setzen sie verschiedene Algenarten im Labor für mehrere Wochen teils dem natürlichen Wechsel von Tag und Nacht und teils nächtlichem Kunstlicht aus. Dabei werden einige der Algen in ihren Becken ungestört gehältert, in anderen befinden sich zusätzlich Weidegänger wie Schnecken oder Seeigel. Anschließend soll in einem Fraßversuch getestet werden, ob die vorher beweideten Algen eine chemische Verteidigung gegen Fraß aufgebaut haben und ob diese Fähigkeit eventuell durch das nächtliche Kunstlicht beeinträchtigt wurde.

„Von Landpflanzen ist bereits bekannt, dass nächtliches Kunstlicht sie beeinträchtigen kann. In den flachen Küstenmeeren übernehmen mehrzellige Algen, deren größte Vertreterinnen ganze Unterwasserwälder bilden können, ähnliche Funktionen wie die höheren Pflanzen an Land. Bislang gibt es aber noch keine Untersuchungen dazu, wie sich nächtliches Kunstlicht, das an vielen Küsten der Welt weit verbreitet ist, auf diese Organismen auswirkt“, erklärt Projektleiter Dr. Mark Lenz. „Denkbar wäre beispielsweise, dass das Fehlen von Dunkelheit in der Nacht den täglichen Wechsel von Photosynthese und Atmung stört, oder andere physiologische Prozesse, die an den Wechsel von Tag und Nacht gekoppelt sind, beeinträchtigt. Das könnte zur Folge haben, dass die Algen eine geringere Photosyntheseleistung erzielen, weniger wachsen oder möglicherweise schlechter gegen Fraßfeinde verteidigt sind.“

Die drei vorangegangenen GAME-Projekte untersuchten verschiedene Auswirkungen von nächtlichem Kunstlicht auf das Verhalten von Lebewesen am Meeresboden. Die Serie begann 2021 mit der Frage, ob der Lichteinfall die Aktivitätsmuster und Fraßraten mariner Weidegänger wie Schnecken und Seeigel beeinflusst. 2022 erforschten Studierende, ob sich die Filtrationsleistung und die Aktivität von Muscheln unter dem Einfluss von nächtlichem Kunstlicht ändern. Der GAME-Jahrgang 2023 nahm das Siedlungsverhalten von Larven mariner Wirbelloser wie Nesseltiere, Muscheln, Manteltiere und Seepocken in den Blick. Seit 2021 GAME hauptsächlich von der Klaus Tschira Stiftung ermöglicht.

„Unsere bisherigen Untersuchungen zeigten teilweise deutliche Einflüsse des nächtlichen Kunstlichts. Diese waren jedoch nicht an allen Standorten gleich, sondern variierten zwischen den Untersuchungssystemen. Ein Grund dafür könnte sein, dass Meeresorganismen auf verschiedenen geographischen Breiten unterschiedlich starke Veränderungen der Lichtverfügbarkeit im Jahreslauf erleben und daher auch unterschiedlich auf Veränderungen in der täglichen Lichtverfügbarkeit reagieren“, fasst Dr. Lenz zusammen. „Beobachten konnten wir unter anderem eine Zunahme der Fraßraten bei Seeigeln oder eine Abnahme in der Fähigkeit Haftfäden zu produzieren bei Miesmuscheln. Außerdem setzten sich an einigen Standorten unter dem Einfluss von nächtlichem Kunstlicht die Larven bestimmter Arten bei der Besiedelung durch, was wiederum die Diversität der untersuchten Systeme reduzierte.“ Derartige Reaktionen können Ökosysteme deutlich verändern. Da sie zudem das Potenzial haben, sich auf höheren Organisationsebenen fortzupflanzen, können sie auch Folgen für die Funktionsweise ganzer Ökosystemen haben, die letztlich auch wir Menschen zu spüren bekommen können. Sollten Makroalgen unter dem Einfluss von nächtlichem Kunstlicht beispielsweise weniger gut gegen Fraß verteidigt sein, könnten Algenbestände, die unter anderem Wasserbewegungen abbremsen und vielen anderen Meerestieren als Lebensraum dienen, langfristig abnehmen.

Neben dem wissenschaftlichen Fortschritt fördert GAME auch die persönliche Entwicklung der Teilnehmenden. Schon während ihres Masterstudiums lernen sie, Experimente zu organisieren und durchzuführen, Daten auszuwerten, zu interpretieren und darauf aufbauend eine wissenschaftliche Veröffentlichung zu verfassen. Durch den Einsatz im Ausland und den engen Austausch in der Gruppe eigenen sie sich wichtige interkulturelle Kompetenzen an und knüpfen erste internationale Kontakte. Seit dem Start von GAME im Jahr 2002 nahmen 286 Studierende aus 31 Ländern an 40 Partnerinstituten weltweit an dem Programm teil.

Hintergrund: GAME

GAME ermöglicht jungen Wissenschaftler:innen, die Auswirkungen des globalen Wandels auf Küstenmeere zu untersuchen und dabei gleichzeitig Daten für eine Masterarbeit zu sammeln. Dafür führen Zweierteams über einen Zeitraum von sechs Monaten an verschiedenen Standorten auf der ganzen Welt identische Experimente durch. Die Vor- und Nachbereitung jedes Projekts findet gemeinsam mit allen Teilnehmenden am GEOMAR in Kiel statt. Ein Projekt dauert von Anfang März bis Ende Dezember. Vorbereitend wird die Herangehensweise an ökologische Fragestellungen erarbeitet und die Analyse von Daten mit biostatistischen Methoden vertieft. In der Nachbereitungsphase werden alle Ergebnisse vergleichend ausgewertet, interpretiert und zur Publikation vorbereitet. In GAME trainieren die Studierenden außerdem ihre Fähigkeit, Wissenschaft in Form von Vorträgen und in Fachzeitschriften sowie in Formaten der Öffentlichkeitsarbeit zu kommunizieren. Sie werden in ein globales Netzwerk eingebunden, das in ihrer späteren Karriere als Ausgangspunkt für Kooperationen und den Austausch von Erfahrung und Wissen dienen kann. Bewerbungen für GAME 2025 sind ab jetzt möglich.

Projekt-Förderung:

GAME wird hauptsächlich von der Klaus Tschira Stiftung ermöglicht. Weitere Unterstüzung erhält das Programm von Bornhöft Industriegeräte, Hydro-Bios, LimnoMar, der Müllverbrennung Kiel und SubCtech. GAME ist auf die Unterstützung von Förderern angewiesen und freut sich über bestehendes und zukünftiges Interesse.

Junge Forscherinnen im Labor mit Probe einer Alge

Im Labor am GEOMAR untersuchten die Teilnehmenden des GAME-Projekts 2024 Algenproben in Vorbereitung auf ihre Experimente. Foto: Mark Lenz, GEOMAR

Zwei junge Forschende am Computer

Während des Einführungskurses am GEOMAR planten die Teilnehmenden des GAME-Projekts 2024 ihre Experimente. Foto: Mark Lenz, GEOMAR

Eine junge Forscherin sammelt eine Meeresschnecke von einem Stein im Wasser.

In der Kieler Förde sammelten die Studierenden Proben für erste Untersuchungen. Foto: Mark Lenz, GEOMAR

Zwei junge Forscherinnen messen ein Regal in einem Labor aus.

In Kroatien bereiten Barbara Jakovljevic und Catarina Rente ihre Experimente vor. Foto: Catarina Rente

Junger Forscher mit langer Braunalge am Meer.

In Japan sammelt Martin Ladner erste Algen. Foto: Hikari Hagiwara

Junge Forscherin mit Alge am Meer.

Hikari Hagiwara, Team Japan, zeigt eine der Algen, die im Experiment untersucht werden sollen. Foto: Martin Ladner

Algen auf Felsen am Strand

Algen in der Bretagne. Foto: Mark Lenz, GEOMAR

Nächtliche Beleuchtung in Conception

Nächtliche Beleuchtung in Conception, Chile. Foto: Javier Duarte

Beleuchtung am Hafen von Vigo, Spanien.

Beleuchtung am Hafen von Vigo, Spanien. Foto: Fabian Löhr

Die Teilnehmenden des GAME-Projekts 2024 vor dem Tauchboot JAGO am GEOMAR

Die Teilnehmenden des GAME-Projekts 2024 vor dem Tauchboot JAGO am GEOMAR. Foto: Sarah Uphoff, GEOMAR

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