Das Forschungsprojekt SO193 MANIHIKI

Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Forschungsprojekt MANIHIKI (“Zeitliche, räumliche und tektonische Entwicklung von ozeanischen Plateaus”) begann im Mai 2007 mit einer Schiffsexpedtion mit dem deutschen Forschungsschiff “Sonne” im Gebiet des Manihiki Plateaus im Nordosten von Samoa. Das Projekt umfasste geologische, geochemische, bathymetrische und biologische Untersuchungen. Die Schiffsexpedition SO 193 startete am 19. Mai 2007 in Suva (Fidschi) und endete am 30. Juni 2007 in Apia (Samoa). Sie wurde von Geowissenschaftlern des Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung (ehemals Leipniz-Institut für Meereswissenschaften) an der Universität Kiel (GEOMAR) in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern von anderen Instituten und Firmen aus Deutschland, Neuseeland und Japan durchgeführt. Die Analyse der auf der Expedition gewonnenen Gesteinsproben und des biologischen Materials sowie die Interpretation der verschiedenen Daten wurde innerhalb von 2,5 Jahren abgeschlossen.

 

Auf dieser Seite finden Sie Informationen zu den großen Plateaus im SW-Pazifik und zum Arbeitsgebiet, zu den Zielsetzungen des Forschungsprojektes MANIHIKI und zu den an Bord von F.S. Sonne eingesetzten Methoden sowie eine Liste der Fahrtteilnehmer.

 

Wenn Sie an Hintergrundinformationen zu Plattentektonik und Manteldynamik, zu den geochemischen Untersuchungen und Altersdatierungen an magmatischen Gesteinen sowie zu den biologischen Untersuchungen im Rahmen von SO 193 MANIHIKI interessiert sind klicken Sie hier.

 

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DIE GROSSEN PLATEAUS IM SW-PAZIFIK

Im Südwestpazifik existieren drei große ozeanische Plateaus, die als ozeanische Flutbasaltprovinzen oder „Large Igneous Provinces“ (LIPs) angesehen werden: das Manihiki Plateau (s.u.), das ca. 2.200 km westlich des Manihiki Plateaus gelegene Ontong Java Plateau, die weltweit größte ozeanische LIP mit >1,5 Mio km2 Fläche (etwa doppelt so gross wie die Türkei) und das etwa 3.000 km südlich gelegene Hikurangi Plateau mit ca. 350.000 km2 (etwa so gross wie Deutschland). Einige Autoren haben postuliert, dass das Manihiki Plateau im Laufe des selben Ereignisses gebildet worden sein könnte, bei dem auch das Ontong Java Plateau entstanden ist und wodurch ebenfalls Vulkanismus in weiteren Gebieten verursacht worden sein könnte („Greater Ontong Java Plateau Event”). Andere Untersuchungen erbrachten Hinweise darauf, dass das Hikurangi Plateau gemeinsam mit dem Manihiki Plateau entstand. Die kleine 3D-Karte zeigt den nordöstlichen Rand („Rapuhia Scarp“) des Hikurangi Plateaus, der während der Expedition SO168 ZEALANDIA kartiert und beprobt wurde. Der Rapuhia Scarp erhebt sich bis zu 1.000 m über den Ozeanboden des Pazifiks. Hier könnte das Hikurangi Plateau einst mit dem Manihiki Plateau verbunden gewesen sein. Die Trennung der beiden Plateaus erfolgte dann in der Kreidezeit durch durch Ozeanbodenspreizung am Osbourn Trough, einem ehemaligen mittelozeanischen Rücken.

 

Ontong Java ist von den drei LIPs im SW-Pazifik die am besten untersuchte. Vom Hikurangi Plateau wird ein umfangreicher Probensatz, der auf einer früheren Expedition mit F.S. Sonne (SO168 ZEALANDIA) gewonnen wurde, bearbeitet. Nur vom Manihiki Plateau fehlt bisher ein entprechender Proben- und Datensatz. Dieser ist aber essentiell um zu verifizieren, ob die drei Plateaus in der Tat eine ähnliche zeitliche und geochemische Entwicklung aufweisen und demzufolge aus einem einzigen magmatischen “Mega”-Ereignis resultieren könnten.

 

DAS ARBEITSGEBIET MANIHIKI PLATEAU

Das Manihiki Plateau befindet sich im Südwestpazifik etwa zwischen 3°S und 16°S sowie 159°W und 169°W. Es hat mit ca. 550.000 km2 in etwa die Größe Frankreichs. Seine Oberfläche befindet sich heute in 1.000 - 3.000 m Wassertiefe, der umgebende Ozeanboden liegt etwa 4.000 bis 5.500 m tief. Auf dem Plateau befinden sich zahlreiche Seamounts und auch einige Inseln und Atolle, die zu den Cook-Inseln gehören. Das Manihiki Plateau kann in drei geomorphologische Haupteinheiten unterteilt werden: (1) Das „High Plateau“ im Osten, (2) das „North Plateau“ und (3) das „Western Plateau“. Diese Einheiten werden durch tiefe Gräben getrennt, die möglicherweise Störungen repräsentieren.

Die Übersichtskarte rechts zeigt die für SO193 wichtigsten Arbeitsgebiete am Manihiki Plateau: das High Plateau, das North Plateau und das Western Plateau sowie der südwestliche Randbereich des Plateaus, die Danger Islands Troughs und der Eastern Scarp.

ZIELSETZUNGEN VON SO193 MANIHIKI

Die wichtigsten geologischen Fragestellungen des Forschungsvorhabens SO193 MANIHIKI waren im Einzelnen:

(1) Wie verlief die zeitliche Entwicklung des Manihiki Plateaus? Bildete sich das Plateau innerhalb weniger Millionen Jahre (entsprechend der „klassischen“ Modellvorstellung zur Bildung Large Igneous Provinces [LIPs]) oder in einem wesentlich größeren Zeitraum oder in mehreren Phasen? Entstand zumindest der Großteil des Plateaus während des „Greater Ontong Java Plateau Events“?

(2) Was ist der Ursprung des Manihiki Plateaus bzw. warum kam es zu derartig starken Vulkanismus und was sind dessen Quellen (tiefe Plumequellen, flache asthenosphärische Quellen oder Interaktion zwischen tiefen und flachen Quellen; s.a. Plattentektonik und Manteldynamik)?

(3) Wie homogen bzw. heterogen ist die Manihiki LIP aufgebaut bzw. welche Spannbreite hat ihre geochemische Zusammensetzung? Gab es mehrere magmatische Phasen mit unterschiedlichem Chemismus während ihrer Entwicklung und, falls ja, wie lassen sich diese mit der Entwicklung der Hikurangi und Ontong Java LIPs vergleichen?

(4) Unter welchen Bedingungen ereignete sich die vulkanische Aktivität am Manihiki Plateau? Fand sie überwiegend an Land oder im Flachwasser statt (wie dies frührere Untersuchungen zumindest für einige Bereiche des Plateaus andeuten)? Wenn ja, wie verlief die Absenkungsgeschichte des Plateaus nach seiner Bildung?

(5) Gibt es am Manihiki Plateau Beweise dafür, dass dies einst mit dem Hikurangi Plateau zusammengehörte und, wenn ja, wann ist dieses Paläo-Plateau auseinandergebrochen?

 

Durch Beantwortung dieser Fragen konnte, unter Einbeziehung der von den Manihiki, Hikurangi und Ontong Java Plateaus bereits vorliegenden Daten, ein umfassendes Modell zum Ursprung und zur strukturellen, magmatischen und zeitlichen Entwicklung des Manihiki Plateaus erarbeitet werden. Dadurch wurde zum einen ein Beitrag zu einem besseren Verständnis der Entstehung von LIPs und zur Rekonstruktion der geodynamischen Entwicklung des Südwestpazifik geleistet. Zum anderen haben wir aber auch neue Informationen darüber erhalten, ob das Manihiki Plateau möglicherweise nur einen Teil der Produkte eines sehr viel größeren Ereignisses repräsentiert und somit eventuell auf ein kretazisches “Mega-Event” mit enorm hohen Magmenproduktionsraten zurückzuführen ist. Ein solches Ereignis hätte nicht nur gewaltige Auswirkungen auf die Hydrosphäre und Athmosphäre und damit auf die Paläoumwelt gehabt, sondern möglicherweise auch eine erhebliche Bedeutung für den Massen und Energietransfer zwischen Erdmantel und Lithosphäre, insbesondere aber für den Wärmehaushalt bzw. Wärmefluss im Erdinneren. Der Vulkanismus, der zur Bildung dieser Plateaus führte, muss jedoch in jedem Fall einen signifikanten Einfluß auf die Meereströmungen im Südwestpazifik, die chemische Zusammensetzung und Temperatur des Meerwassers und des darin befindlichen Lebens gehabt haben, selbst dann wenn sie getrennt und nicht infolge eines einzigen “Mega”-Ereignisses entstanden sind.

Die Erforschung von LIPs besitzt aber auch umwelt- und gesellschaftspolitische sowie wirtschaftliche Relevanz, da z.B. die mit ihrer Bildung assozierten magmatischen Prozesse ursächlich für submarine Vulkanausbrüche und Fluidaustritte waren bzw. sind, die wiederum einen erheblichen Einfluss auf chemische und physikalische Eigenschaften des Meerwassers haben. Um deren Bedeutung und Folgen für die (marine) Umwelt besser zu erfassen, ist die Kenntnis der der vulkanischen Aktivität zugrundeliegenden Prozesse essentiell.

 

Weiterhin wurden im Rahmen von MANIHIKI die Diversität und Verteilungsmuster der marinen Tiefsee-Fauna im Gebiet des Manihiki Plateaus untersucht. Das Manihiki Plateau ist ein pazifischer Archipel-Lebensraum, der möglicherweise ein Artenbildungszentrum darstellt. Derartige Zentren der Speziation beeinflussen angeblich die Biodiversität anderer Regionen (z.B. des Indo-West-Pazifik) durch Verdriftung der Arten mit Hilfe der vorherschenden Meeresströmungen. Ziel der Untersuchungen war es, den eigenständigen Charakter des Manihiki Plateaus zu überpüfen, der sich durch einen hohen Endemismusgrad der Fauna auszeichnen sollte. Zudem stellte sich die Frage nach möglichen Übereinstimmungen insbesondere des wenig dispersiven Meiobenthos des Manihiki Plateaus mit demjenigen des Hikurangi Plateaus, das während SO168 intensiv beprobt wurde. Die Morphologie des Manihiki Plateaus zeigt eine deutliche Vertikalzonierung, die sich ebenfalls in der Faunenzusammensetzung widerspiegeln sollte, wobei die Seamounts des Plateaus und der umliegenden ozeanischen Kruste ihrerseits eine durch Endemismus geprägte Artendiversität haben sollten. Eine intensive Beprobung des Untersuchungsgebietes und die nachgeschaltete Analyse der Faunenzusammensetzung ist geeignet, ein umfassendes Bild der Biodiversität des Manihiki Plateaus zu erstellen. Dieses ist die Grundlage für Hypothesen zur biogeographischen Verteilung der Organismen im Pazifik und speziell zur Funktion des Manihiki Plateaus als möglichem 'centre of origin' für die Faunen anderer Bereiche des Pazifiks. Porifera, Bryozoa, Brachiopoda (Macrofauna), Kinorhyncha und Loricifera (Meiofauna) dienen aufgrund der zu erwartenden hohen Ausbeute als Schlüsselgruppen.

 

Probennahme und Kartierung mit F.S. Sonne

Das Forschungsschiff "Sonne" ist mit ca. 98 m Länge und 4734 t Verdrängung neben der "Polarstern", der "Meteor" und der neuen „Maria S. Merian“ eines der 4 großen deutschen Forschungsschiffe. Es operiert überwiegend im pazifischen und indischen Ozean. Das Schiff wurde 1969 als Fischereischiff gebaut, später zum Forschungsschiff umgebaut und zählt nach erneutem Umbau 1991 zu einem der leistungsfähigsten Forschungsschiffe.

 

 

Die Skizze zeigt eine schematische Darstellung von Beprobungsmethoden, die auf der Expedition SO193 eingesetzt werden. Dredgen sind im Prinzip ein große, meist mehrere 100 kg schwere Stahleimer oder Stahlrahmen mit Kettensäcken, die vom Schiff über den Meeresboden geschleppt werden und dabei Gesteinsmaterial abbrechen. Sie werden von uns für die Beprobung von anstehendem Gesteinsmaterial beispielsweise an Hängen von submarinen Vulkanen eingesetzt. Der TV-Greifer eignet sich dagegen eher für gezielte Beprobung loser oder weicher Gesteine oder auch von zoologischen Material. Das Gerät besteht aus einer Art ferngesteuerter Schaufel, in deren Mitte sich eine Videokamera befindet, die Bilder vom Meeresboden auf das Schiff überträgt. Erscheint auf dem Monitor ein geeignetes Objekt, kann es mit der Schaufel aufgenommen und geborgen werden. Für die biologische Probennahme wird ferner ein sogenannter „Multicorer“ eingesetzt, mit dem die an der Oberfläche des Meeresbodens abgelagerten Sedimente (mit den darin lebenden Kleinstlebewesen) beprobt werden können ohne diese zu zerstören. Sobald der Multicorer den Meeresboden berührt, werden durch ein Gewicht mehrere Rohre senkrecht bis zu ca. 40 cm tief in das Sediment gedrückt und dann an ihrem unteren Ende geschlossen. Anschliessend wird das Gerät wieder an Bord gehievt und die quasi ausgestanzten Sedimentproben können aus den Rohren entnommen werden.

Die Gebiete, die auf der Ausfahrt beprobt wurden, sind zunächst auf Basis von vorhandenen bathymetrischen Karten und Informationen aus der Literatur ausgewählt worden. Da diese Informationen jedoch meist nicht ausreichend waren, um geeignete Stellen für die jeweilige Beprobung zu finden, wurde der Meersboden zunächst mit einem Fächerecholot kartiert. Im Unterschied zu herkömmlichen Echoloten, die nur einen Strahl senkrecht unten senden, arbeiten Fächerecholote mit vielen Strahlen, die wie auf der Skizze dargestellt fächerförmig quer zum Schiff ausgesendet werden. Das auf F.S. Sonne installierte SIMRAD EM120-System sendet dabei 191 Strahlen aus und ermöglich es damit, einen sehr breiten Streifen des Meeresbodens bei nur einer Überfahrt flächendeckend zu kartieren. Die dabei anfallenden Daten werden sofort verarbeitet und als bathymetrische Karte mit Tiefenlinien auf einem Bildschirm an Bord dargestellt. 
Diese bathymetrischen Kartierungen dienen aber nicht nur dem Auffinden der optimalen Probenahmelokationen, sondern die auf Basis der Fächerecholotdaten angefertigten Karten und 3D-Darstellungen liefern auch wichtige Informationen für verschiedene wissenschaftlichen Fragestellungen, wie es durch das folgende Beispiel veranschaulicht werden soll.

Die Abbildung links zeigt einen untermeerischen Vulkan (Seamount), der auf einer anderen F.S. Sonne-Expedition vor Neuseeland mit dem SIMRAD EM120 Fächerecholot kartiert wurde. Der Seamount besitzt in großes Plateau in seinem Topbereich. Ein solches Plateau kann nur infolge von Erosion durch Wellen an der Wasseroberfläche entstehen. Diese Beobachtung bedeutet also, dass dieser Vulkan, obwohl sein Plateau heute in ca. 2.000 m Wassertiefe liegt, einst als Inselvulkan aktiv war, dann nach Ende der vulkanischen Aktivität durch Wellen abgetragen wurde und danach mit der darunter befindlichen Erdkruste um ca. 2.000 m abgesunken ist. Allerdings befinden sich auf dem Erosionsplateau viele kleinere Vulkankegel. Da diese offensichtlich nicht erodiert worden sind, können sie erst entstanden sein als die Insel abgetragen worden war und bereits ein Stück unter die Wasseroberfläche abgesunken war. Die Kartierung dieses Seamounts liefert uns also wichtige Informationen über seine Entwicklung wie z.B. dass er einst eine Vulkaninsel war oder dass es mindestens 2 Phasen vulkanischer Aktivität gab, die sich zu unterschiedlichen Zeiten ereignet haben (wahrscheinlich im Abstand von einigen 100.000 oder sogar Millionen Jahren).

 

SO 193 Manihiki Fahrtteilnehmer (in alphabetischer Reihenfolge)