Im Winter, von Juli bis September, ist die biologisch produktivste Zeit: Zu dieser Jahreszeit wird entsprechend viel gefischt vor der Küste Angolas. Foto: Nina Reese, IOW

Mikrostrukturmessungen vom Schlauchboot aus: Während der METEOR-Expedition M189 untersuchten die Forschenden unter anderem die Durchmischung auf dem Schelf. Foto: Philipp Henning, GEOMAR

Ein Gerät zur Messung der Mikrostruktur wird von Bord der METEOR aus zu Wasser gelassen: Mareike Körner, Rodrigue Anicet Imbol Koungue und Arthur Prigent (v.l.). Foto: Peter Brandt, GEOMAR

Wie Wellen und Vermischung Küstenauftriebssysteme antreiben

GEOMAR-Studie liefert neue Erkenntnisse zur Produktivität vor Angolas Küste

26.01.2024/Kiel. Große Küstenauftriebsgebiete entlang der östlichen Ränder des Atlantiks und Pazifiks zählen zu den biologisch produktivsten und artenreichsten Regionen des Weltozeans. Gewöhnlich sind Stärke und Zeitpunkt des Auftriebs in solchen Systemen mit den vorherrschenden Winden verbunden. Interessanterweise treten in einigen tropischen Regionen hohe Produktivitätswerte auf, selbst wenn die für den Auftrieb verantwortlichen Winde schwach sind. Ein internationales Forschungsteam hat nun das tropische Auftriebssystem vor der Küste Angolas untersucht und konnte zeigen, dass die Kombination von so genannten Schelfrandwellen und verstärkter Durchmischung auf dem Schelf für dieses Phänomen verantwortlich ist. Die Ergebnisse der Studie, die heute in der Fachzeitschrift Science Advances veröffentlicht werden, könnten dazu beitragen, die Stärke der saisonalen Planktonblüte vorherzusagen.

Sie gehören zu den produktivsten und artenreichsten Bereichen der Weltmeere: die großen Küstenauftriebsgebiete entlang der östlichen Ränder des Atlantiks und Pazifiks. Dort sorgen normalerweise stetig in Richtung des Äquators wehende Winde dafür, dass oberflächennahes Wasser von der Küste wegbewegt wird. Kaltes, nährstoffreiches Wasser aus der Tiefe strömt an die Oberfläche nach, was das Wachstum von Phytoplankton fördert und die Grundlage für ein reiches marines Ökosystem in diesen Regionen bildet.

In einigen tropischen Regionen gibt es jedoch selbst dann eine hohe biologische Produktivität, wenn die für den Auftrieb verantwortlichen Winde vergleichsweise schwach sind. Welche physikalischen Mechanismen dabei eine Rolle spielen, hat ein internationales Forschungsteam jetzt für das Auftriebsgebiet vor der Küste Angolas südlich des Äquators untersucht. Die Wissenschaftler:innen fanden heraus, dass die Kombination von so genannten Schelfrandwellen und verstärkter Vermischung auf dem Schelf für dieses Phänomen verantwortlich ist. Ihre heute in der Fachzeitschrift Science Advances erscheinenden Ergebnisse könnten dazu beitragen, die Stärke der saisonalen Planktonblüte vorherzusagen.

„Die Produktivität in dem Auftriebsgebiet vor Angola zeigt starke saisonale Schwankungen“, sagt Erstautorin Mareike Körner, Doktorandin in der Forschungseinheit Physikalische Ozeanographie am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel. „Im dortigen Winter, von Juli bis September, ist die Hauptauftriebszeit. Während dieser Jahreszeit gibt es eine sehr hohe Primärproduktion in den Gewässern vor der angolanischen Küste, und entsprechend wird zu dieser Zeit viel gefischt.“

Eine entscheidende Rolle spielen dabei Wellen im Innern des Ozeans, die im Rhythmus der Jahreszeiten eine Auf- und Abwärtsbewegung des kalten nährstoffreichen Wassers verursachen. Diese Wellen werden nicht lokal vor der Küste Angolas erzeugt, sondern haben ihren Ursprung am Äquator. Jahreszeitliche Windschwankungen erzeugen dort Wellen, welche sich entlang des Äquators in östliche Richtung ausbreiten. Am Ostrand des äquatorialen Atlantiks angekommen, regen sie so genannte Schelfrandwellen an, die sich polwärts entlang der afrikanischen Küste ausbreiten. Auf ihrem Weg sorgen diese Randwellen dafür, dass nährstoffreiches Wasser auf den Schelf schwappt. Die durch die Gezeiten bedingte starke Vermischung auf dem Schelf bringt dann die Nährstoffe bis an die Oberfläche, wo sie eine erhöhte Primärproduktion bewirken. Diese Planktonblüten können von Jahr zu Jahr variieren, abhängig von der Intensität und der Ankunftszeit der Randwellen.

Für ihre Studie kombinierten die Forschenden hydrografische Daten, Sauerstoff-, Nitrat- und Satellitendaten sowie ein regionales Ozeanmodell.

Körner hebt hervor: „Der Auftrieb vor Angola wird durch Wellen hervorgerufen, welche am Äquator angeregt werden und sich dann weiter entlang der afrikanischen Küste ausbreiten. Dies ermöglicht es Stärke und Zeitpunkt der Planktonblüte vor Angola auf saisonalen Zeitskalen vorherzusagen." Das bessere Verständnis der Antriebsmechanismen in diesem südwestafrikanischen Küstenauftriebssystem ist außerdem entscheidend, um mögliche künftige Veränderungen, wie die Auswirkungen des Klimawandels oder anderer menschlicher Einflüsse, auf dieses wichtige marine Ökosystem zu bewerten.

Das GEOMAR, wo der „Auftrieb im Atlantischen Ozean“ im Rahmen der Strategie GEOMAR 2030 einen wichtigen Forschungsschwerpunkt darstellt, forscht bereits seit 2013 in dem Gebiet und hat eine umfassende Zusammenarbeit mit angolanischen Kolleg:innen aufgebaut. Sieben Forschungsfahrten unter Leitung der Physikalischen Ozeanographie haben unter anderem umfangreiche Daten zur Vermischung und zur Verteilung von Nährstoffen auf dem Schelf geliefert.  Zudem sammelt seit 2013 eine dauerhaft am Meeresgrund verankerte Messstation Daten zu verschiedenen Parametern wie Strömungsgeschwindigkeiten, Temperatur, Salzgehalt und Sauerstoff.

Publikation:

Körner, M., Brandt, P., Illig, S., Dengler, M., Subramaniam, A., Bachèlery, M.-L., Krahmann, G. (2024) Coastal trapped waves and tidal mixing control primary production in the tropical Angolan upwelling system. Science Advances. DOI: 10.1126/sciadv.adj6686

Projekt-Förderung

Die Forschung wurde im EU Projekt TRIATLAS sowie in verschiedenen Verbundprojekten des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (SACUS, BANINO) gefördert, in deren Rahmen die Zusammenarbeit mit angolanischen Kollegen aufgebaut und Forschungskapazitäten gestärkt wurden.

Kleine Fischerboote auf dem Wasser mit Palmen und Häusern an Land im Hintergrund.

Im Winter, von Juli bis September, ist die biologisch produktivste Zeit: Zu dieser Jahreszeit wird entsprechend viel gefischt vor der Küste Angolas. Foto: Nina Reese, IOW

Ein kleines Schlauchboot mit vier Personen auf dem Meer, im Hintergrund ist die Küste zu sehen.

Mikrostrukturmessungen vom Schlauchboot aus: Während der METEOR-Expedition M189 untersuchten die Forschenden unter anderem die Durchmischung auf dem Schelf. Foto: Philipp Henning, GEOMAR

Eine Frau und zwei Männer lassen gemeinsam ein Messgerät über die Reling eines Schiffes zu Wasser

Ein Gerät zur Messung der Mikrostruktur wird von Bord der METEOR aus zu Wasser gelassen: Mareike Körner, Rodrigue Anicet Imbol Koungue und Arthur Prigent (v.l.). Foto: Peter Brandt, GEOMAR