Zusammenfassung der Hauptergebnisse

Die AQUASHIFT-Studien beobachteten komplexe Auswirkungen einer Erwärmung von der Ebene des Individuums bis zum Ökosystem. Auf dieser Seite werden die Hauptergebnisse kurz zusammengefasst. Eine detailliertere Beschreibung der AQUASHIFT-Ergebnisse auf englischer Sprache, mit den jeweiligen Referenzen, ist im folgenden Artikel zu finden:

Sommer et al. 2012 The response of temperate aquatic ecosystem to global warming: novel insights from a multidisciplinary project. Marine Biology, 159:2367-2377

Ausbreitungsänderungen (‚range shifts‘)

Man erwartet, dass weiter südlich vorkommende Arten ihren Lebensraum während der Klimaerwärmung nach Norden ausdehnen, währenddessen sich der Lebensraum der nördlicheren Arten verkleinern sollte. Es wurden schon viele solcher Veränderungen in der Artausbreitung beschrieben und die Untersuchungen des AQUASHIFT-Programms unterstützen diese Beobachtungen. Z.B. wurde eine nördliche Ausdehnung gewisser Libellen- und Schneckenarten beobachtet. Solche Veränderungen in der Artenausbreitung können die Artenzusammensetzung von nördlichen und arktischen aquatischen Ökosystemen beträchtlich beeinflussen.      

Änderungen in der Saisonalität biologischer Ereignisse

Einige Studien berichteten schon vor dem AQUASHIFT-Programm, dass infolge der Klimaerwärmung gewisse Organismen zu einem früheren Zeitpunkt im Frühjahr auftreten. Während eine frühere Frühjahrsblüte des Phytoplanktons in einigen marinen AQUASHIFT-Mesokosmenversuchen zu beobachten war, fanden andere Studien solche Effekte nicht. Die meisten Studien stimmten darin überein, dass Wechselwirkungen zwischen Wassertemperatur und Unterwasserlichtklima den Zeitpunkt der Phytoplanktonfrühjahrsblüte bestimmen. Die Menge des Unterwasserlichts hängt von mehreren Faktoren ab, wie z.B. der Durchmischungstiefe, der Trübung des Wassers und des Wetters (Bewölkung). Ein früheres Auftreten des Zooplanktons, aber auch von Libellen und Fischen wurde in verschiedenen AQUASHIFT-Studien beobachtet.

Mismatch (De-Synchronisierung) in Nahrungsketten

Wenn ein Räuber auf eine Temperaturerhöhung nicht in gleicher Weise wie seine Beuteart reagiert, kann es bei einer Klimaerwärmung dazu kommen, dass beide Arten nicht mehr zur selben Zeit oder am selben Ort auftreten. Der Räuber könnte daraufhin verhungern. Nur wenige AQUASHIFT-Studien fanden solch einen Mismatch zwischen Räuber und Beute, wie einige Untersuchungen in temperierten Bächen oder Studien, welche relativ extreme Klimawandel-Szenarien simulierten. In den meisten Fällen passten die Räuber, sowohl in marinen als auch in Süßwassersystemen, ihre Nahrungsaufnahme an die verfügbare Beute an.

Änderungen in der Körpergröße

Wissenschaftler nahmen an, dass kleine Organismen die Gewinner des Klimawandels sein könnten. In der Tat fanden AQUASHIFT-Studien einige Beispiele für eine erhöhte Abundanz kleinerer Algenarten oder schrumpfende Körpergröße von Zooplanktonindividuen infolge einer Erwärmung. In einem Experiment, welches die Auswirkungen von sommerlichen Hitzewellen untersuchte, änderte sich die Artenzusammensetzung in Richtung sehr kleinem Plankton, dem sogenannten Nanoplankton. Das bedeutet, dass auch kurze Wärmeperioden die Körpergröße auf der Ebene ganzer Gemeinschaften ändern könnten.

Biomasseänderungen

Eine erhöhte Temperatur beschleunigt den Metabolismus, weswegen häufigere Saunagänge den Gewichtsverlust unterstützen können. Dieses physiologische Gesetz gilt nicht nur für Menschen, sondern gemäß Theorie auch für alle anderen Organismen. Das könnte bedeuten, dass unter einer Klimaerwärmung Algen weniger Biomasse bilden. Algen sind die Basisnahrung in aquatischen Ökosystemen, weshalb es bei einer Abnahme der Algenbiomasse auch zu einer geringeren Zooplankton- und Fischbiomasse kommen kann. Marine Studien von AQUASHIFT haben tatsächlich eine geringere Algenbiomasse während der Frühjahrsblüte beobachtet. Dies war jedoch nicht der Fall in den Versuchen mit Seenmesokosmen. Cyanobakterien (die sogenannten Blaualgen) profitierten sogar von einer Erwärmung im Müggelsee (Berlin). Unglücklicherweise sind Cyanobakterien keine gute Nahrungsquelle für die meisten aquatischen Organismen und ein verstärktes Wachstum infolge von Erwärmung verschlechtert ebenso die Wasserqualität.

Änderungen in der Biodiversität

Biodiversitätsversuche zeigen oft Konkurrenzausschluss, was bedeutet, dass bestimmte Arten von anderen Arten unter gewissen Umständen verdrängt werden. Wenn sich die Umstände ändern, können auch andere Arten dominant werden, was als Artenaustausch bezeichnet wird. AQUASHIFT-Studien fanden heraus, dass Konkurrenz um Ressourcen und Artenaustausch schneller infolge einer Erwärmung ablaufen. Dies weist darauf hin, dass die Klimaerwärmung die Stabilität von natürlichen Artengemeinschaften bedeutend ändern könnte. Du kannst solche Prozesse mit Hilfe dieses Programms spielerisch untersuchen.

Außerdem deuteten einige Studien an, dass eine Erwärmung die genetische Diversität von Daphnia (Wasserfloh), als wichtige Schlüsselart in Seen, reduzieren kann. Eine geringere genetische Diversität hat eine geringere Anpassungsfähigkeit an sich verändernde Bedingungen zur Folge, was sich negativ auf die Überlebensfähigkeit von Arten auswirken kann.

Änderungen in biogeochemischen Kreisläufen

Potenzielle Änderungen in den biogeochemischen Kreisläufen der Ostsee infolge der Klimaerwärmung wurden mit Hilfe von Mesokosmenversuchen während des AQUASHIFT-Projektes untersucht. Diese Studien deuteten potenziell große Auswirkungen einer Erwärmung an: die bakterielle Produktion erhöhte sich stark, während sich die Phytoplanktonproduktion verringerte oder nur wenig erhöhte. Im Vergleich zum Phytoplankton trägt die bakterielle Biomasse nur teilweise zur Nahrungskette, auf dem die Fischbiomasse basiert, bei (s. Abbildung unten). Darüber hinaus ist die CO2-Aufnahme des Wassers bei erhöhter Temperatur geringer, was als positive Rückkopplung die Erwärmung noch weiter verstärken könnte.