Plattentektonik

Das Konzept der Plattentektonik revolutionierte in den 1960er Jahren die Geowissenschaften, da es nun erstmals gelang, die unterschiedlichen Phänomene an der Erdoberfläche sowie im Erdinneren umfassend zu erklären. So vereint die Plattentektonik nicht nur das Auftreten von Erdbeben und Vulkanismus, sondern auch die Entstehung und Zerstörung ozeanischer Lithosphärenplatten sowie den Materialfluss im tiefen Erdinneren.

Plattentektonische Prozesse fokussieren sich entlang der Plattengrenzen: am Entstehungsort neuer Lithosphäre entlang der Mittelozeanischen Rückensysteme, als auch entlang von Subduktionszonen, wo eine Lithosphärenplatte unter eine andere geschoben wird und tief in den Erdmantel abtaucht. All diese Vorgänge werden von sozio-ökonomisch relevanten Prozessen begleitet, die eine direkte Auswirkung auf die Gesellschaft haben: Erdbeben, Tsunamis, Vulkanismus und Hangrutschungen bilden Gefahren für die Bevölkerung vor Ort. Hingegen können Rohstofflagerstätten, deren Genese an plattentektonische Prozesse gekoppelt ist, wirtschaftlich genutzt werden.

Ein besseres Verständnis all dieser Phänomene ist daher essentiell, um Georisiken abschätzen und mindern zu können, sowie um Georeservoire effektiv und sicher zu nutzen.Unsere Forschung fokussiert sich auf Prozesse an aktiven Plattengrenzen, da diese eine direkte Rückkopplung auf weitere Phänomene wie Naturgefahren (Submarine Gefahren) oder Fluidtransport (Fluidtransport) haben und somit einen holistischen Forschungsansatz erfordern, den wir in enger Zusammenarbeit zu interdisziplinären Fragestellungen mit unseren Kolleginnen und Kollegen aus den Forschungsbereichen des GEOMAR und dem nationalen und internationalen Umfeld nachgehen.

Beispiel Subduktion in Südamerika

Subduktionszonen markieren aktive Plattengrenzen, die durch das Unterschieben einer (meist ozeanischen) Erdplatte unter eine zweite Lithosphärenplatte geprägt sind (Abb. 1). Diese Bereiche generieren die stärksten Erdbeben auf unserem Planeten und liegen zudem oft in Küstennähe, so dass es zu einer direkten Gefährdung der Bevölkerung kommt. Subduktionsprozesse führen immer wieder zu Starkbeben mit hoher Magnitude und entsprechendem Zerstörungspotential. Dabei treten diese Beben nicht willkürlich auf, sondern unterliegen dem sogenannten ‚seismischen Zyklus’: nachdem sich bei einem Starkbeben die angestaute tektonische Spannung zwischen den Erdplatten gelöst hat, muss diese sich zunächst im Rahmen der plattentektonischen Bewegungen wieder aufbauen, bevor es zu einem erneuten Starkbeben kommt. Die damit verbundenen Prozesse und Phänomene untersuchen wir an Subduktionszonen weltweit, wie z.B. in Nord-Chile. Dort führt die Subduktion der ozeanischen Nazca-Platte unter Südamerika zu wiederholten Starkbeben, die unter dem Meeresboden entlang der Plattengrenze generiert werden). Wir nutzen seismische Abbildungsverfahren, um die Tiefenstruktur der Plattengrenze zu erforschen sowie seismologische Methoden, um die Erdbebenverteilung zu verstehen (Abb. 2). Die Kartierung des Meeresbodens ist zudem essentiell, um geologische Strukturen zu identifizieren (Abb. 3). Dabei entwickeln wir unsere Methoden stets weiter und haben unser Portfolio in den letzten Jahren z.B. um Marine Geodäsie erweitert, um den tektonischen Spannungsaufbau in situ zu messen.