SONNE SO258/1

Bereich:
Indischer Ozean
Zeit:
07.06.2017 - 09.07.2017
Institution:
GEOMAR
Leitung:
Reinhard Werner







Wenn wir das System Erde besser verstehen möchten, müssen wir wissen, welche Mechanismen beim Auseinanderbrechen von Kontinenten eine Rolle spielen und welche magmatischen Prozesse dabei im Erdmantel ablaufen. Bis heute ist unbekannt, wann beim Zerfall des Superkontinents Gondwana die Abtrennung Indiens und Sri Lankas von der Antarktis begann. Unklar ist auch, warum es gleichzeitig und kurz danach so viele große vulkanische Ereignisse gab. Eine mögliche Erklärung wäre, dass ein sogenannter Mantelplume für die Abtrennung verantwortlich war. Die Rajmahal-Flutbasalte und der 85°E-Rücken, eine der drei markanten, N-S-verlaufenden Rückenstrukturen im Indik, könnten Spuren dieses Mantelplumes sein. Weiterhin ist unklar, ob die extrem schnelle Drift Indiens (ca. 18 cm/Jahr) direkt nach dem Abbruch von Gondwana oder erst vor 67 Millionen Jahren durch Kontakt mit dem Reunion-Plumekopf ausgelöst wurde. Auch sind die dem Abbruch und der Drift Indiens zugrunde liegenden Mantelprozesse unklar. Das Alter und die Entstehung des 85°E-Rückens ist unbekannt und er wurde bisher nur an einer Lokalität (Afanasy Nikitin) beprobt. Diese Proben haben die kontinentartigsten Isotopenwerte, die jemals an ozeanischen Gesteinen gemessen wurden. Die Gründe für diese geochemische Anomalie sind jedoch unklar. Übergeordnetes Ziel des Expedition SO258 Leg 1 INGON ist es daher dazu beizutragen, diese Wissenslücken durch vulkanologisch-geochronologisch-geochemische Studien am 85°E-Rücken zu schließen. Die Arbeiten werden während SO258 Leg 2 mit komplementären geophysikalischen Untersuchungen (Seismik, Magnetik, Gravimetrie) vom Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung fortgeführt.
Neben den geologisch-vulkanologischen Arbeiten dient die Ausfahrt auch der Untersuchung von biologischen Fragestellungen durch die Universität Tübingen und deren Kooperationspartner. Im Zentrum steht dabei die Fähigkeit von Meeresorganismen, Licht zu erzeugen. Diese Biolumineszenz erzeugt ein völlig anderes visuelles Umfeld als Sonnenlicht: Statt einer komplett ausgeleuchteten Szene herrschen Punktlichtquellen mit (art-)spezifischen Signalmustern vor. An den visuellen Systemen (Augen und Gehirnen) von Cephalopoden, Crustaceen und Teleostiern sollen Anpassungsstrategien an diese sensorische Situation untersucht werden. Weiterhin werden mit elektrophysiologischen Messungen direkt Parameter wie Intensitäts- und Bewegungsempfindlichkeit sowie auch die räumliche Auflösung der Retinae von Fischen und Crustaceen bestimmt; solche Daten konnten bisher immer nur indirekt aus morphologischen Daten erschlossen werden. Schließlich werden automatische Plattformen (Lander, Floater) ausgesetzt, mit denen mesopelagische und demersale/hadale Fauna in situ untersucht werden kann. Dieser Teil des Indischen Ozeans ist mit solchen Geräten bisher noch nicht erforscht worden.